Westdeutsche Zeitung: Köhler - Klar = von Friedrich Roeingh
Geschrieben am 07-05-2007 |
Düsseldorf (ots) - Nun hat er die Flucht nach vorn antreten müssen - doch ohne Kratzer kommt der Bundespräsident aus der hysterisch geführten Debatte um das Gnadengesuch des RAF-Terroristen Christian Klar nicht mehr heraus. Keinen Tag länger hätte Horst Köhler mit seiner Entscheidung zuwarten können, nachdem die CSU mit ihrer verleumderischen Kritik die Kettenhunde des Boulevards losgehetzt hatte. Zumindest den Termin seiner Entscheidung hat sich der Präsident also diktieren lassen müssen. Der zweite Schaden, den Horst Köhler davon trägt: Alle, die das Staatsoberhaupt in den vergangenen Tagen mit ihrem Rat geschlagen haben, können nun ihre Änhänger mit der Deutung begeistern, ohne ihren Zwischenruf hätte der Bundespräsident möglicherweise ganz anders entschieden. Diese Legendenbildung mag eines Tages sogar darüber entscheiden, ob dieser unbequeme Präsident für eine zweite Wahlperiode zur Verfügung stehen wird. Steht die Souveränität des Amts und seines Inhabers erst einmal in Frage, bringt ihn das vielleicht dazu, kein zweites Mal zu kandidieren. Wer mag beurteilen, ob das nicht sogar die tiefere Absicht der populistischen Zwischenrufe war? Wie soll der Bundespräsident nun beweisen, dass er dem Gnadengesuch Klars ohnehin nicht stattgegeben hätte? Er kann es nicht und beschränkt sich deshalb in seiner Mitteilung klugerweise darauf, den Ablauf seiner Prüfung zu schildern und nicht die Beweggründe der Ablehnung. Weil Gnade vor Recht ergeht - wie der Volksmund schon sagt - braucht der Bundespräsident auch seine positiven Entscheidungen nicht zu begründen. Köhler war sich aber offenbar bewusst, dass im Fall Christian Klars Gerechtigkeit vor Gnade geht. Klar ist für eine Reihe von Mordanschlägen der RAF rechtskräftig verurteilt. Er hat auch nach seiner Verurteilung an keiner Stelle an der Aufklärung des RAF-Terrors mitgewirkt - von Reue gegenüber den Opfern gar nicht zu sprechen. Im Gegenteil: Mit seiner "antikapitalistischen Botschaft", die Klar noch im Januar an eine Rosa-Luxemburg-Konferenz sandte, nährte er sogar den Eindruck, dass für ihn der Kampf gegen diesen Staat noch nicht beendet ist. Christian Klar die Gnade der vorzeitigen Haftentlassung zu verweigern, ist ganz und gar nicht gnadenlos.
Anja Clemens-Smicek Politik- und Nachrichtenredaktion W. GIRARDET KG Westdeutsche Zeitung Königsallee 27 40212 Düsseldorf
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