Presseerklärung: Anlässlich der heutigen Pressekonferenz des Wirtschaftsrates der CDU e.V. erklärt dessen Präsident, Prof. Dr. Kurt J. Lauk:
Geschrieben am 10-05-2007 |
Berlin (ots) -
"Reform der deutschen Finanzverfassung - Mehr Wettbewerbsföderalismus - weniger Schulden"
Aktuell geschätzte gesamtstaatliche Steuermehreinnahmen von rund 200 Mrd. Euro müssen dazu genutzt werden, den Staat aus der Schuldenfalle herauszuführen. Bund, Länder und Gemeinden haben Schulden in Höhe von 1.500 Mrd. Euro. Tendenz steigend. Das dissonante Wunschkonzert muss daher innerhalb der Bundesregierung beendet werden. Wichtigste Zukunftsinvestition ist die Rückführung der Neuverschuldung!
Der Wirtschaftsrat fordert deshalb ein Ausgabenmoratorium: Wer mehr als die bereits verabschiedeten gesetzliche Projekte wie beispielsweise den Steuerzuschuss für die Krankenversicherung fordert, der muss Kürzungsvorschläge in mindestens der gleichen Höhe vorlegen. Steuermehreinnahmen müssen für den Haushaltsausgleich verwandt werden. Spätestens 2010 muss der Bundeshaushalt ohne neue Schulden auskommen. Der Wirtschaftsrat fordert vom Bundesfinanzminister Steinbrück eine verbindliche Zusage.
Mit der kurzfristigen Konsolidierung der Neuverschuldung ist das Pflichtenprogramm für nachhaltig gesunde Staatsfinanzen aber nicht abgearbeitet:
- Mit dem sprunghaften Anstieg der Zahl der Pensionäre wachsen vor allem in den Länderhaushalten die Pensionslasten, für die keinerlei Rücklagen gebildet wurden.
- Die demographische Entwicklung führt zu steigenden Ausgaben für Renten und Gesundheit bei sinkenden Einnahmen infolge Rückgangs der Zahl der Erwerbstätigen.
Deutschland muss Vorsorge treffen. Die Große Koalition hat die einmalige Chance, die deutsche Finanzverfassung auf eine zukunftsfähige und generationengerechte Grundlage zu stellen. Eine Zeitenwende ist möglich. Die Reform der deutschen Finanzverfassung muss dabei an den ordnungspolitischen Leitprinzipien der Transparenz, der Subsidiarität sowie des Wettbewerbs ausgerichtet werden.
Für die Umsetzung einer solchen Reform fordert der Wirtschaftsrat konkret:
1. Schuldenbremse nach Schweizer Vorbild in den Verfassungen verankern!
Artikel 115 Grundgesetz hat sich als zur Begrenzung der Verschuldung untaugliches Instrument erwiesen und muss daher grundlegend reformiert werden. Allein ein "Herumlaborieren" an Artikel 115 Grundgesetz durch eine restriktivere Fassung des Investitionsbegriffs reicht nicht aus. Im Informationszeitalter ist ein Festhalten an überkommenen Messlatten des Industriezeitalters schlicht abwegig. Der Wirtschaftsrat fordert vielmehr die Veranke-rung einer Schuldenbremse nach Schweizer Vorbild in Grundgesetz und Länderverfassungen. Das bedeutet:
- Die staatlichen Ausgaben sind durch die zu erwartenden Einnahmen zu begrenzen: Bislang wird das Gegenteil praktiziert: Die - notfalls durch Kredite zu ergänzenden - Einnahmen werden an den Ausgaben ausgerichtet. - Ausgaben- und Einnahmenschwankungen müssen über den Konjunkturzyklus hinweg ausgeglichen werden.
- Defizite sind nur in äußerst engen Grenzen, etwa im Fall von Naturkatastrophen, zuzulassen; sie müssen außerdem innerhalb knapp bemessener Zeiträume wieder abgebaut werden.
2. Zwischen Bund und Ländern nationalen Stabilitätspakt abschließen!
Die Schuldenbremse muss von einem nationalen Stabilitätspakt flankiert werden, der den einzelnen Gebietskörperschaften klare Haushaltsverantwortlichkeiten zuweist. Hierfür sollten die Vorgaben des Europäischen Stabilitäts- und Wachstumspakts auf die föderale Struktur übertragen werden.
- Der Bund und jedes einzelne Land müssen einen genau definierten Teil der Verantwortung für die Einhaltung des Paktes tragen.
- Notwendig sind die jeweils hälftige Aufteilung der Maastrichter Defizitobergrenze auf den Bund einschließlich Sozialversicherungen und die Länder einschließlich Gemeinden.
- Der Länderanteil muss anschließend horizontal gemäß der Einwohnerzahl auf die einzelnen Länder weiter aufgeteilt werden.
3. Frühwarnsystem errichten - Finanzplanungs- zu Stabilitätsrat weiterentwickeln!
Um Haushaltsausgleich und Schuldenabbau schnellst möglich voranzubringen und Haushalte ohne Neuverschuldung nachhaltig zu gewährleisten, sollten Etatverstöße frühzeitig aufgedeckt werden. Betroffene Gebietskörperschaften können so veranlasst werden, bereits in einem Anfangsstadium Gegenmaßnahmen zu treffen.
- Der Finanzplanungsrat sollte zu einem Stabilitätsrat weiterentwickelt werden, der die Grundzüge der gesamtstaatlichen Finanzpolitik beschließt und die Vereinbarkeit der Finanzpolitik von Bund und Ländern anhand periodisch vorgelegter Stabilitäts-programme prüft.
- Der Stabilitätsrat müsste mit der Kompetenz ausgestattet sein, Vorgaben zur Vermeidung übermäßiger Defizite zu formulieren und Fristen für die Befolgung festzusetzen.
- In allen Gebietskörperschaften muss als Grundlage und Voraussetzung eines solchen Überwachungsverfahrens eine transparente, einheitlichen Kriterien folgende Rechnungslegung eingeführt werden.
4. Etatverstöße sanktionieren!
Die Vergangenheit hat gezeigt, dass Schuldenmachen sich schnell als reguläres Mittel der Haushaltsführung etabliert, wenn es folgenlos bleibt. Der Bewusstseinswandel kann nur herbeigeführt werden, wenn Schulden nicht erst den nachfolgenden Generationen schaden, sondern schon hier und heute weh tun. Daher fordert der Wirtschaftsrat wirksame Sanktionen für Haushaltssünder.
- In einer ersten Stufe sollte der Etatsünder ein Sanierungskonzept vorlegen müssen.
- In einem nächsten Schritt sollte die Pflicht zur Erhebung von Zuschlägen auf Steuern folgen: Wer Wohltaten verteilt und damit das Budget gesprengt hat, muss dem Bürger Auge in Auge gegenübertreten und für die Begleichung der Schulden Geld "einsammeln".
- Hinzutreten muss eine Pflicht zur Ausgabenkürzung. Da in Deutschland die Zahler direkter Steuern in der Minderheit sind, versprechen Maßnahmen auf der Ausgabenseite eine größere Breitenwirkung als die auf der Einnahmenseite.
- Als ultima ratio sollte die Kürzung der finanziellen Unterstützung durch die anderen Gebietskörperschaften möglich sein.
5. Haushaltsautonomie der Länder auf Einnahmen- und Ausgabenseite stärken!
Wird die Schuldenaufnahme durch eine Schuldenbremse auf Ausnahmefälle beschränkt, benötigen die Länder andere "Ventile", um den Haushaltsausgleich sicherzustellen. Ein wirksames Instrument ist die Stärkung der Länderautonomie auf der Einnahmen- und Ausga-benseite. Vorbilder wie die Schweiz zeigen, dass auch mehr Steuerautonomie keinen ruinösen Steuerwettbewerb mit sich bringt. Der Wirtschaftsrat fordert daher:
- Es sollten Zuschlagsrechte auf Gemeinschaftssteuern wie Einkommen- und Körperschaftsteuer oder auf Ländersteuern eingeführt werden.
- Gleichzeitig müssten Steuerkorridore festgelegt werden, damit schwächere Länder im Wettbewerb nicht übermäßig belastet werden.
- Eine Flexibilisierung der Ausgabenseite ist als Voraussetzung für die einnahmenorientierte Ausgabenpolitik der Schuldenbremse unerlässlich: Ist die Ausgabenhöhe in der Haushaltsplanung durch die prognostizierten Einnahmen begrenzt, müssen bei Bedarf frühzeitig Ausgaben gekürzt werden.
6. Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern entflechten - Nach dem Motto: "Wer bestellt, bezahlt"!
Der hohe finanzielle Verflechtungsgrad zwischen Bund und Ländern verhindert einen produktiven Wettbewerb. Damit wird die Subsidiarität laufend außer Kraft gesetzt. Mischfinanzierung, Gemeinschaftsaufgaben und Auftragsverwaltung durchlöchern die Subsidiarität wie einen Schweizer Käse und führen so zu massiven Ineffizienzen. Das ist Gift für die begrenzten staatlichen Mittel. Der Wirtschaftsrat hält folgende Maßnahmen für nötig:
- Mischfinanzierung, Gemeinschaftsaufgaben und Auftragsverwaltung sollten beherzt weiter zurückgeschnitten werden.
- Der Grundsatz "Wer bestellt, bezahlt!" muss für die öffentlichen Haushalte genauso wie für jedes Unternehmen und jeden Familienhaushalt gelten.
7. Leistungsanreize im Länderfinanzausgleich stärken!
Mangelnde Haushaltsdisziplin der Länder wird derzeit nicht bestraft, sondern im Finanzausgleich teilweise sogar belohnt. Sparsame Länderfinanzminister geraten in Erklärungsnot, wenn sie schmerzhafte Ausgabenkürzungen durchsetzen, ihr Land aber gleichzeitig für Schuldenländer zur Kasse gebeten wird. Auch Leistung lohnt sich kaum: So bleiben etwa dem Land Baden-Württemberg von 1 Mio. zusätzlich erzielten eigenen Körperschaftsteuer-Einnahmen gerade einmal 170.000 Euro. Beim Saarland - Empfängerland im Finanzausgleich - sind es nur 10.000 Euro. So fehlt den Ländern der Anreiz, attraktive Standortbedin-gungen zu schaffen.
- Die nivellierenden Effekte des Finanzausgleichs müssen dadurch abgemildert werden, dass den Ländern ein größerer Teil ihrer zusätzlich erzielten Einnahmen bleibt.
- Erfolgreiche Konsolidierungsanstrengungen der Länder auf der Ausgabenseite müssen im Finanzausgleich belohnt werden.
Die Föderalismuskommission II hat die große Chance, die strukturellen Voraussetzungen für nachhaltig gesunde Staatsfinanzen und damit auch für eine tragfähige Wachstumsbasis für uns, unsere Kinder und Enkelkinder zu schaffen. Der Wirtschaftsrat ist sich wohl bewusst, dass dies einen enormen Kraftakt bedeutet und von vielerlei Widerständen und Widrigkeiten begleitet sein wird. Umso wichtiger ist es, jetzt die doppelte politische Mehrheit beider Volksparteien in Bundestag und Bundesrat zu nutzen, um die Zeitenwende für dauerhaft solide öffentliche Haushalte einzuleiten!
Originaltext: Der Wirtschaftsrat der CDU Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=42899 Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_42899.rss2
Pressekontakt: Wirtschaftsrat der CDU e.V. Erwin Lamberts Pressesprecher Luisenstraße 44 10117 Berlin Tel. 030/24087-301 Fax. 030/24087-305 E-Mail: pressestelle@wirtschaftsrat.de e.lamberts@wirtschaftsrat.de
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