Allg. Zeitung Mainz: Sümpfe trockenlegen Reinhard Breidenbach zu Kronzeugen
Geschrieben am 16-05-2007 |
Mainz (ots) - Politische Kontinuität sieht anders aus: 1999 schaffte Rot-Grün die Kronzeugenregelung ab, 2007 will Schwarz-Rot sie, wenn auch in modifizierter Form, wieder einführen. Da wäre es sinnvoll, die Bestimmungen jetzt so zu gestalten, dass sie mehr als zwei Legislaturperioden überdauern. Denn wie man es auch dreht und wendet, wie honorig die Einwände gegen das Kronzeugen-Prinzip sein mögen, am Ende führt kein Weg an der Erkenntnis vorbei: Wer Sümpfe trockenlegen will, muss sich die Hände schmutzig machen. Bedeutet: Im Kampf gegen Terrorismus und andere Schwerstkriminalität muss es möglich sein, in exakt definiertem Rahmen einen Handel mit Rechtsbrechern zu machen, wenn dadurch weit Schlimmeres zu verhindern ist. Das heißt bei Weitem nicht, dass alles möglich wird, dass sich etwa Mörder vollständig "freikaufen" könnten. Es kommt, wie stets in der Juristerei und auch sonst im Leben, auf die Abwägung an: Wenn die Rechtsordnung das Prinzip schon akzeptiert und damit in puncto Rechtsstaatlichkeit an Grenzen geht, dann darf der Handel zumindest nicht schmutzig sein, darf das Gerechtigkeitsempfinden nicht eklatant verletzen. Diese Vorgabe haben zunächst die Parlamentarier als Gesetzgeber zu beachten, später Richter und Staatsanwälte. Letztere müssen auch dafür sorgen, dass sich eine Befürchtung nicht realisiert, die da lautet: Der Kronzeuge ist schon deshalb unglaubwürdig, weil er nur seinen Strafnachlass im Auge hat. Kronzeugen muss die Justiz natürlich ganz besonders streng auf den Zahn fühlen. Dass die Gesetzesinitiative gerade jetzt zum Zug kommt, da der Bundesinnenminister zur Terrorismusbekämpfung wahre Salven - darunter auch Rohrkrepierer - abfeuert, mag manchen nachdenklich stimmen. Allerdings: eine Kronzeugenregelung mit Hand und Fuß macht Sinn. Einige der Schäuble-Pläne sind dagegen abwegig.
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