Westdeutsche Zeitung: Afghanistan = von Alexander Marinos
Geschrieben am 23-05-2007 |
Düsseldorf (ots) - Deutsche Soldaten, die in Särgen nach Hause kommen: Das ist ein Anblick, der innehalten lässt. Verteidigungsminister Peter Jung liegt richtig, wenn er einen Abzug der Bundeswehr ablehnt. Ebenso richtig ist aber auch, nicht in ein stumpfes "Weiter so!" zu verfallen. Vor allem die USA müssen bei ihrem militärischen Einsatz mehr Augenmaß beweisen. Es ist nicht hinnehmbar, dass sie bei der Jagd nach Terroristen mehr oder weniger blind Dörfer aus der Luft angreifen und so den Tod vieler unschuldiger Zivilisten in Kauf nehmen. Jungs diplomatisch-verbrämte Aussage, dieses Vorgehen sei "kontraproduktiv", war überfällig. Denn je brutaler die Amerikaner vorgehen, desto mehr bringen sie die Afghanen gegen sich auf - und desto mehr Auftrieb erhalten die Terroristen. Washingtons Mit-dem-Kopf-durch-die-Wand-Politik verschlechtert die Lage. Afghanistan ist nicht reif für eine Demokratie nach westlichem Vorbild. Die dortige Stammes-Kultur folgt einer jahrhundertealten Tradition. Den Afghanen nun unsere Vorstellung von einer freiheitlichen Gesellschaft aufzwingen zu wollen, führt naturgemäß zu Abwehrreaktionen. Eines allerdings sollte man bei aller berechtigten Kritik nicht tun: Ursache und Wirkung verwechseln. Nicht die Nato-Truppen inklusive der Bundeswehr haben die Terrorgefahr im Westen heraufbeschworen. Die Aggression ging und geht von El Kaida und den Taliban aus. Sie sind es, die alles daran setzen, den Westen auszulöschen - unabhängig davon, ob er sich am Hindukusch engagiert oder nicht. Wie zynisch muss man eigentlich sein, um die Bundeswehr-Soldaten zu bezichtigen, mittelbar an Terroraktionen beteiligt zu sein? Linken-Chef Oskar Lafontaine sollte sich dafür schämen. Die Bundeswehr leistet im Norden Afghanistans Aufbauarbeit. Sie will die Rahmenbedingungen dafür schaffen, dass Straßen, Schulen, Krankenhäuser gebaut werden können. Die getöteten deutschen Soldaten wollten Kühlschränke kaufen, als sie in aller Öffentlichkeit heimtückisch ermordet wurden. Wer diese Tatsachen verdreht, setzt die Arbeit der Terroristen fort. Lafontaine hat recht: Afghanistan droht eine Irakisierung. Er sollte allerdings darauf achtgeben, dass seine Linkspartei nicht zugleich talibanisiert.
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