Westdeutsche Zeitung: Geheimdaten = von Wolfgang Radau
Geschrieben am 26-06-2007 |
Düsseldorf (ots) - Entweder war es Vorsatz, dass fünf Jahrgänge von geheimsten Informationen über Auslandseinsätze der Bundeswehr unwiderruflich ausgelöscht worden sind. Dann fragt sich: Was sollte vertuscht werden? Wer trägt die Verantwortung für die Vernichtung von Beweismitteln? Und was wusste der Staatssekretär Wichert, der dem Verteidigungsausschuss noch im November 2006 Informationen in Aussicht gestellt hatte, die schon im Juli 2005 nicht mehr existierten? Oder aber es liegt ein Fall von unbeschreiblicher Schlamperei einer Bundesbehörde im Umgang mit höchst bedeutsamen Dokumenten vor. Eine 640-Köpfe-Behörde, die nichts anderes zu tun hat, als Nachrichten zu sammeln und zu verwahren, zerstört große Teile der Datenbestände und vernichtet am Ende die Reste, aus denen Experten vermutlich noch einiges herausgelesen hätten. Hoch lebe die Vorschrift über den Umgang mit Verschlusssachen! So oder so - die Bundeswehr, die dieses famose Zentrum für Nachrichtenwesen betreibt, und der Bundestag, der mit einem Untersuchungsausschuss unter anderem Licht in die dunkle Entführung des Bremer Türken Kurnaz und seine angebliche Folterung durch Soldaten der Bundeswehr bringen wollte, stehen vor einem Skandal. Und der muss nicht nur aufgeklärt werden, sondern auch Konsequenzen haben. Ein solches Beispiel von leichtsinnigem oder sogar sträflichem Umgang mit Zeitzeugnissen im Elektronik-Zeitalter darf keine Schule machen. Allerdings sollten die Verantwortlichen in Berlin alles daransetzen, wie in einem Puzzlespiel scheinbar für immer verlorene Nachrichten zu rekonstruieren und somit doch noch ein reelles Bild über Auslandseinsätze der Bundeswehr für die Zukunft zu konservieren. Vieles von dem, was Offiziere vor Ort, Mitarbeiter des BND und befreundete Nachrichtendienste zur vernichteten elektronischen Fakten-Sammlung beigetragen haben, existiert vielleicht noch - in Aktenordnern oder auf Speichermedien. Denn das, was Besitzern privater PC und Sammlern elektronisch aufgenommener Familienfotos längst in Fleisch und Blut übergegangen ist, dürfte ja auch für den einen oder anderen Nachrichtensammler eine Selbstverständlichkeit sein: die Aufbewahrung einer Sicherungskopie.
Originaltext: Westdeutsche Zeitung Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=62556 Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_62556.rss2
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