 Westfälische Rundschau: Kommentar Haushalt des Bundes
Geschrieben am 02-07-2007 |
Dortmund (ots) - So leicht hat es die Konjunktur schon lange
keinem deutschen Finanzminister mehr gemacht, mit glänzenden Zahlen
auf sich aufmerksam zu machen. Weil Peer Steinbrück aber ein
vorsichtiger Mann ist, hält er sich mit der ganzen Erfolgsstory noch
zurück und den eigentlichen Überraschungscoup in seiner Aktentasche
verschlossen.
Wenn die Weltwirtschaft aufgrund unvorhersehbarer Ereignisse
nicht kollabiert, kann der Finanzminister bereits im Wahlsommer 2009
für das darauf folgende Jahr den ersten ausgeglichenen Bundesetat
seit 40 Jahren ankündigen. Wahrlich eine historische Meldung, die den
"Erfolg des Tüchtigen" krönt.
Denn auf seiner Habenseite darf Steinbrück getrost verbuchen,
dass er trotz anziehender Konjunktur an der Erhöhung der
Mehrwertsteuer festgehalten hat. Das war kein populärer Schritt, aber
unverzichtbar für die Sanierung des Bundeshaushaltes. Mehr als ein
Schönheitsfehler in Steinbrücks Bilanz ist hingegen der
Taschenspielertrick, mit dem er ungeniert das Geld der Beitragszahler
von der Arbeitslosenversicherung in seine Tasche lenkt. Damit bringt
er Arbeitnehmer und Arbeitgeber nicht nur um die verdienten Früchte
des Aufschwungs. Steinbrücks Griff in die Nürnberger Kasse bremst die
Konjunktur, weil sie mögliche größere Senkungen der Lohnnebenkosten
verhindert. Mit mehr Sparsamkeit und politischem Gestaltungswillen
ließen sich bessere Lösungen finden.
Auch wenn die positiven Zahlen Entspannung signalisieren: Der vor
Jahresfrist noch von der großen Koalition bedrohlich an die Wand
gemalte "Sanierungsfall Deutschland" ist längst nicht abgeschlossen.
Auch wenn die Lasten der Einheit im Etat weitgehend verdaut sind:
Deutschland sitzt auf einem milliardenhohen Schuldenberg. Die
Trendwende ist erst geschafft, wenn der erste Euro zurückgezahlt
wird. Steinbrück sollte sich damit sputen. Wer weiß, wie lange die
guten Zeiten andauern.
Originaltext: Westfälische Rundschau
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