Di., 10.7., Das RTL-Sommerinterview im Wortlaut mit Angela Merkel und Peter Kloeppel - Teil3 Angela Merkel zu Mindestlohn, dem Koalitionsklima, der Linkspartei und möglichen zukünftigen Koalitionspart
Geschrieben am 11-07-2007 |
Köln (ots) - Kloeppel: Aber der Ton wird schon ein bisschen rauer, wenn man sich nach der Koalitionsnacht anschaut, in der es um Mindestlohn ging, dass Ihr Vizekanzler Müntefering vor die Presse getreten ist und davon gesprochen hat, dass es ja mangelnden Anstand gebe in der Koalition und ideologisch bestimmte Ignoranz. Hat Sie das erschreckt? Merkel: Ach, man muss manches auch ein bisschen sportlich nehmen. Es gibt halt unterschiedliche Meinungen. Bei dem Thema Mindestlohn glaube ich, müssen wir aufpassen, dass wir nicht bei einer ansteigenden Zahl von Arbeitsplätzen wieder auf der anderen Seite Arbeitsplätze zerstören. Die Lage in Deutschland ist im Augenblick so unterschiedlich, wie man sie sich gar nicht vorstellen kann. Wir haben Arbeitskräftemangel im Süden der Republik, zum Teil wirklich Vollbeschäftigung, und wir haben auf der anderen Seite in den neuen Bundesländern zum Teil fast noch 20 % Arbeitslosigkeit. Und ich möchte sicherstellen, dass wir nicht eine Politik machen, bei der wieder Arbeitsplätze verloren gehen. Ich möchte, dass jeder sein gesichertes Mindesteinkommen hat, das ist klar. Das ist durch die Grundsicherung von Hartz IV auch gegeben. Und dann möchte ich, dass möglichst viele Menschen die Chance bekommen, wieder in Arbeit zu gehen. Und darüber haben wir unterschiedliche Vorstellungen. Wir haben Vorschläge gemacht, auf die wir uns nachher auch geeinigt haben. Dass dort, wo keine Tarifbeziehungen herrschen, wir als Staat eingreifen. Aber auf die einzelne Branche, auf die lokalen Erfordernisse bezogen, halte ich das für den besseren Weg. Das muss der Koalitionspartner dann auch ertragen, dass es über solche Fragen unterschiedliche Meinungen gibt. Das wird auch so bleiben. Kloeppel: Haben Sie danach mit Franz Müntefering noch mal unter vier Augen gesprochen? Merkel: Wir sprechen jede Woche unter vier Augen. Wir haben eine vertrauensvolle Zusammenarbeit, und wir sind uns unserer Verantwortung bewusst. Er ist im Übrigen ein guter Arbeitsminister und Vizekanzler. Kloeppel: Eine große Koalition kann nur mit zwei gleich starken Partnern richtig gut funktionieren. Wie stark ist Ihrer Meinung nach die SPD? Und wie stark ist Ihrer Meinung nach Ihr Vorsitzender Kurt Beck? Merkel: Also die SPD ist eine Volkspartei, die einen Anspruch hat. Und die SPD ist ein guter Regierungspartner. Ich sagte schon, wir haben an manchen Stellen unterschiedliche Meinungen, aber die SPD-Minister leisten eine sehr gute Arbeit. Insofern glaube ich, dass wir diese Regierungsarbeit auch wirklich fortsetzen können. Und dass wir uns nun nicht von jeder Umfrage umtreiben lassen sollen. Das haben wir ja spätestens bei der letzten Bundestagswahl alle gelernt. Kloeppel: Nun hat sich links von der SPD eine neue Partei formiert mit den Linken. Fast die Hälfte der Deutschen finden die Inhalte der Linkspartei attraktiv. Hat die große Koalition Politik gegen die Menschen gemacht? Merkel: Das glaube ich überhaupt nicht. Wenn man sich anschaut, dass wir 700 000 Arbeitsplätze mehr haben und zwar sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze mehr haben, dass wir Wirtschaftswachstum haben, dass wir zum ersten Mal seit Jahren auch die Renten, wenn auch nur wenig, erhöhen konnten. Dann machen wir Politik für die Menschen. Und ich glaube, was ganz wichtig ist für diese große Koalition, dass wir über das, was wir tun, auch gut sprechen und dass das auch die beste Antwort auf das ist, was von der linken Seite gemacht wird. Nämlich doch mit Vorliebe Opposition und auch ein Stück weit Angst schüren. Und deshalb kann ich der SPD nur raten und uns nur raten, die Regierungsarbeit ernst zu nehmen, die Verantwortung ernst zu nehmen - das ist die beste Auseinandersetzung mit allen, die das nicht wollen. Kloeppel: Haben Sie konkretere Ansätze, wie Sie mit der Linkspartei umgehen wollen? Merkel: Nein, ich habe der SPD da wirklich keine Ratschläge zu geben. Kloeppel: Auch der eigenen Partei nicht? Merkel: Nein, ich glaube, dass ist nicht unser Problem als CDU, sondern ich glaube, dass wir unsere Dinge positiv machen sollten. Die Menschen wollen zum Schluss nicht immer von der negativen Seite leben, sondern sie wollen positive Erfolge sehen und das ist für mich als CDU-Vorsitzende aber auch als Bundeskanzlerin ganz ganz wichtig, dass wir sagen: Leute, wir leben in einer globalen Welt, wir haben starken Wettbewerb, wir können den aber gestalten. Wir sind da nicht ohnmächtig und ohne Möglichkeit, sondern wir können durch kluge Politik sicherstellen, dass Deutschland an diesem Wohlstand auch weiter seinen Anteil hat. Das sollten wir unter die Menschen bringen. Auch sehr optimistisch und mit Kraft und Selbstbewusstsein. Kloeppel: Wir müssen trotzdem noch mal ganz kurz auf die Umfragen zurückkommen. Im Moment sieht es so aus, als wenn Zweierbündnisse aus einer großen Koalition nicht mehr möglich sind, wie wir das in den 70er, 80er und 90er Jahren hatten. Was für eine Koalitionsform können Sie sich denn vorstellen, außerhalb einer großen Koalition? Merkel: Ich arbeite jetzt wie gesagt erst einmal als Kanzlerin für die große Koalition und das auch mit Freude und dann ist es doch gar keine Frage, dass wir in dem nächsten Wahlkampf wieder einen Wahlkampf führen werden, in dem wir auch für eine Zweierkoalition arbeiten werden. Ich halte sie auch generell nicht für unmöglich, das will ich ganz deutlich sagen. Das hängt jetzt sehr davon ab, wie wir als große Koalition auch über das, was wir schaffen, reden. Kloeppel: Eine Zweierkoalition, damit meinen Sie aber wahrscheinlich Union und FDP? Merkel: Ich meine damit die Union und FDP. Da sehe ich die größten Überlappungsmengen und das ist das, was ich mir wünschen würde. Aber ich sage noch mal, ich arbeite gerne jetzt in der großen Koalition, das ist der Wählerauftrag. Kloeppel: Können Sie sich damit aber auch vorstellen, nach 2009 gerne wieder in einer großen Koalition zu arbeiten? Merkel: Jetzt freuen wir uns erst einmal auf diesen Sommer, und ich arbeite jetzt sehr gerne dort, wo ich jetzt arbeite und da es auch Erfolge gibt, macht es auch sehr viel Spaß. Kloeppel: Was können wir in den kommenden zwei Jahren noch an Reformarbeit erwarten? Merkel: Ich hatte ja schon gesagt, die Erbschaftssteuer, wir wollen die Arbeitsmarktinstrumente noch mal auf den Prüfstand stellen, ob sie schon angemessen sind, ob wir vielleicht noch mehr machen können um Menschen in Arbeit zu bringen. Wir müssen die gesamte Lohndebatte vorführen. Wir haben da ja nur Grundsatzbeschlüsse gefasst. Wir müssen das Thema Kinderbetreuung auf die Reihe bringen und den Bürokratieabbau. Das sind jetzt erstmal Projekte, die ich so schon aus der Hand aufzählen kann. Wir werden dann im August eine Klausurtagung machen, wo wir auch noch mal grundsätzlichere Fragen ansprechen. Z.B. was bedeutet Industriepolitik in Zeiten der Globalisierung in Bezug auf Wettbewerber außerhalb von Deutschland? Welche Initiativen müssen wir in Europa ergreifen? Welche außen- und sicherheitspolitischen Linien haben wir? Außen- und Innenpolitik wachsen ja auch immer mehr zusammen und wir werden vor allen Dingen auch über das Thema Forschung noch einmal sprechen, denn von der Frage wie viel Forschung, wie viel Kreativität wir haben, wird unser Wohlstand der Zukunft abhängen. Kloeppel: Also Sie haben noch viel vor in diesem Jahr. Der SPD-Vorsitzende fährt an die Mosel und macht dort Radtouren in diesem Jahr. W ohin verschlägt es die Kanzlerin im Urlaub? Merkel: Ich fahre erst einmal nach Bayreuth und erfreue mich ein bisschen an der Musik und dann nach Salzburg. Ich werde auch noch ein paar Tage zu Hause ausspannen. Schauen wir mal. Kloeppel: Also wandern gehen wäre eine Alternative für Sie? Merkel: Ja, einmal in der Natur sein und vor allen Dingen auch mal ausschlafen.
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