Westdeutsche Zeitung: Embryonenschutzgesetz = von Eberhard Fehre
Geschrieben am 17-07-2007 |
Düsseldorf (ots) - Die Kunst, Blinden das Sehen und Lahmen das Laufen zu ermöglichen - lange ein Privileg der Kirche -, hat in den jüngsten 2000 Jahren kaum nennenswerte Fortschritte gemacht. Die Hoffnungen aber blieben und wurden an die Wissenschaft delegiert. Die Erfolgsmeldungen der Stammzellforschung aus Großbritannien, Israel oder den USA haben deshalb auch in Deutschland die Debatte über die ethische Vertretbarkeit der Embryonenforschung neu angefacht. Und natürlich auch die Frage neu aufgeworfen, ob es denn gleichsam umgekehrt überhaupt ethisch vertretbar sei, in Deutschland eine Forschung zu verbieten, die vielen Schwerstkranken Hilfe bieten und tausendfaches Leid lindern kann. Denn auch wenn noch viele Hürden zu nehmen sind, scheint doch festzustehen: Therapien für Querschnittslähmung, ererbte Diabetes oder Parkinson sind näher gerückt. Das ist der Hintergrund, der den Ethikrat bewog, das Embryonenschutzgesetz von 2002 einer Revision zu unterziehen. Denn dieses Gesetz, das deutschen Wissenschaftlern nur die Arbeit an Stammzelllinien vor dem Stichtag 1. Januar 2002 erlaubt (was heute die Forschung praktisch unmöglich macht), war tatsächlich ja nur ein fauler Kompromiss. Zwischen einer christlich, teils auch grün orientierten Fraktion kategorischer "Lebensschützer" auf der einen und einer auf die Freiheit der Wissenschaft pochenden Gruppe auf der anderen Seite. Und keine Seite konnte zufrieden sein: Der Forschung legte das Gesetz enge - viele Wissenschaftler meinen: zu enge - Fesseln an, den Lebensschützern war selbst diese nun erlaubte Arbeit an Embryonen ein "moralischer Dammbruch". Was blieb, war eine Lage, die es dem Wissenschaftler fast unmöglich machte, "sich ohne Begleitung eines Verfassungsjuristen und eines Moraltheologen ins Labor zu trauen", wie Hubert Markl, damals Präsident der Max-Planck-Gesellschaft, spottete. Auf Dauer wird der Gesetzgeber deutschen Wissenschaftlern nicht untersagen können, was britischen oder israelischen erlaubt ist. Die Festlegung eines neuen Stichtags löst nichts. Wir sollten konsequent sein: Auch deutsche Forscher sollten mit Stammzelllinien aus überzähligen Embryonen arbeiten dürfen. Ohne Stichtag und ohne Angst vor dem Staatsanwalt.
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