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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Thema Mafia

Geschrieben am 30-08-2007

Bielefeld (ots) - Große Oper für kleine Ganoven. Nachdem das
letzte einigermaßen wichtige Mitglied zweier streitender Familien das
Dorf San Luca verlassen hatte, schlug gestern die italienische
Polizei mit großer Geste zu. Hubschrauber kreisten über dem
beschaulichen Bergdorf. Die Zuflucht Verdächtiger im Keller wurde im
Bulletin des Polizeisprechers zum Bunker aufgehübscht.
Presslufthämmer gaben die Begleitmusik.
Natürlich war der Einsatz mehr als Operette. Aber er steht für die
Hilflosigkeit örtlicher Sicherheitsbehörden, die kaum ausputzen
können, was auf hoher und höchster Ebene versäumt wurde.
Das organisierte Verbrechen in seinen Ausformungen Cosa Nostra
(Sizilien), Camorra (Kampanien), 'Ndrangheta (Kalabrien) und Sacra
Corona Unita (Apulien) ist auch in Rom bekannt: Mafia. Und doch
geschieht nichts Grundlegendes zur Herstellung und Sicherung des
staatlichen Machtmonopols.
Was hat eigentlich Silvio Berlusconi als einer der am längsten
amtierenden Präsidenten des modernen Italiens unternommen? Und welche
Anstrengungen gegen die Mafia hat die Opposition gezeigt, die sich
allein auf ihren Lieblingsgegner konzentrierte?
Nichts. Unbeachtet blieb ein riesiges
Narko-Waffen-Wirtschaftssyndikat. Dessen Einflusszonen ergänzen jene
weltumspannenden Parallelwelten, in denen Afghanistans Mohnernte und
Afrikas Blutdiamanten ihre Form von Globalisierung abstecken.
San Luca mag ein Quell der 'Ndrangheta sein, Duisburg einer ihrer
geschätzten Außenposten. Die ganz großen Waren- und Finanzströme aber
finden hier weder Ausgang noch Ende.
Europas Drogenfahnder wissen, dass allein die Kalabrier zu den
mächtigsten Gruppen im europäischen Kokainhandel zählen. Es gibt
glaubhafte Hinweise, dass diese Organisation selbst paramiltärische
Drogenkartelle Lateinamerikas in den Schatten stellt.
Das ganz große Rad dreht sich immer mehr dort, wo legal produziert
und gehandelt wird. Keine Frage, schleichende Unterwanderung und
Durchdringung gefährden auch Deutschland von innen her.
Zögerndes Vorgehen im Mezzogiorno, dem längst nicht mehr
vernachlässigten Süden des Stiefelstaates, aber auch bewusstes
Nichtstun hierzulande haben dazu beigetragen.
Jahrzehnte hat es in der Bundesrepublik gedauert, bis die
Beweislastumkehr für Inhaber unerklärlich großer Vermögen wenigstens
ansatzweise Eingang ins Rechtssystem gefunden hat. Datenschutz, stark
reglementierte Kontrollen von Telefon- und Kommunikationsverbindungen
sowie im Rechtswesen immer noch hohe nationale Grenzen mitten in
Europa gewähren Freiräume für Illegalität. Wir wissen das.
Der Schutz der Privatsphäre - und aller Verabredungen, die dort
erfolgen - ist uns wichtig. Deshalb müssen wir den Blick auf eine
erschreckend komplexe Unterwelt ertragen, den der Sechsfachmord von
Duisburg derzeit eröffnet. Jeder sieht, welchen Preis wir für
Freiheit zu zahlen bereit sind.

Originaltext: Westfalen-Blatt
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/66306
Pressemappe via RSS : feed://www.presseportal.de/rss/pm_66306.rss2

Pressekontakt:
Rückfragen bitte an:
Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261


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