Mitteldeutsche Zeitung: Wirtschaftliche Lage in Deutschland / Rürup verweist auf anhaltenden Reformbedarf
Geschrieben am 20-09-2007 |
Halle (ots) - Der Vorsitzende des Sachverständigenrates der Bundesregierung zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, Bert Rürup, hält die bisherigen Reformen der Großen nur teilweise für gelungen; in jedem Fall seien sie nicht ausreichend. "Auf dem Felde des Umbaus des Altersvorsorgesystems hat die Politik alle Hausarbeiten erledigt, und auch in der Familienpolitik wurden große Fortschritte erzielt", sagte er der in Halle erscheinenden "Mitteldeutschen Zeitung" (Donnerstag-Ausgabe). "Auch noch positiv fällt das Urteil für den Bereich der Steuerpolitik aus. Die sehr deutliche Erhöhung der Mehrwertsteuer war ein riskantes haushaltspolitisches Manöver, was aber letztlich geglückt ist. Die Unternehmenssteuerreform ist nicht der große Wurf, aber die Vorteile überwiegen die Nachteile. Die Reformen auf dem Arbeitsmarkt sind noch nicht vorangekommen. Die erfreuliche Entwicklung am Arbeitsmarkt hat die Notwendigkeit, gezielt etwas zur Verbesserung der Beschäftigungschancen von Geringqualifizierten und Langzeitarbeitslosen zu tun, in den Hintergrund treten lassen." Rürup erklärte weiter: "Die ausgabeseitigen Maßnahmen der Gesundheitsreform sowie der verabredeten Pflegereform gehen durchweg in die richtige Richtung. Das Problem einer nachhaltigeren Finanzierung dieser beiden Systeme harrt aber noch einer Lösung. Das konjunkturbedingte Sprudeln der Steuerquellen und die deutliche Erhöhung der Mehrwertsteuer haben die Finanzierungsdefizite aller Gebietskörperschaften deutlich schrumpfen lassen. Allerdings sehe ich erste Anzeichen, dass mit den zyklisch bedingten Steuermehreinnahmen langfristige Ausgabenerhöhungen finanziert werden sollen mit der Konsequenz, dass die ausgabeseitige Konsolidierung wohl nicht die ursprünglich angekündigte Priorität hat. Damit steigt die Gefahr, dass man im nächsten Abschwung wieder mit den verfassungs- und europarechtlichen Verschuldungsgrenzen kollidiert. Dennoch bin ich, was eine Neuerung der staatlichen Verschuldungsgrenzen angeht, recht optimistisch. Den größten unbefriedigten Reformbedarf sehe ich im Bildungsbereich - und zwar nicht nur in der Erstausbildung, sondern besonders im Bereich der Weiterbildung. Gerade vor dem Hintergrund der "Rente mit 67" muss hier nachgelegt werden."
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