WAZ: Wettbewerb Verleger haben ein Recht auf Fairness - Kommentar von Thomas Wels
Geschrieben am 21-09-2007 |
Essen (ots) - Man muss sich schon wundern: Da schreibt der Ministerpräsident des Landes NRW eine Streitschrift, in der er "den Kniefall der Neoliberalen vor den Kräften des Marktes" geißelt, derweil sich andernorts in der praktizierten Politik das Verständnis von Marktwirtschaft allmählich auflöst.
Besonders betroffen von dieser unübersichtlichen Lage sind dieser Tage die Zeitungsverleger. Die vielen mittelständischen Häuser ebenso wie auch die großen Gruppen haben, wie das in Marktwirtschaften nun mal so üblich ist, erheblich zu kämpfen: mit dem Wettbewerb der neuen Online-Medien, mit sinkenden Auflagen in Folge der Alterung der Gesellschaft, mit dem Bildungsdesaster der Lese-Krise.
Die Herausforderungen an das Management von Zeitungshäusern sind enorm, die Verlässlichkeit von fairen Wettbewerbsbedingungen eine wesentliche Voraussetzung, um am Markt zu bestehen.
Das aber scheint sich in Teilen der Politik noch nicht herumgesprochen zu haben. Wie ist das Trauerspiel um den Mindestlohn für Postdienstleister sonst zu verstehen? Natürlich müssen Verlage, die Millionen von Zeitungen morgens an die Haushalte liefern und erhebliche Mittel in einen teuren Vertrieb stecken, auf die Liberalisierung im Post-Markt reagieren. Was liegt näher, das Geschäft um das Standbein Postdienstleistung auszuweiten? Verlage wie auch die WAZ-Gruppe haben sich engagiert, haben viele tausend neue Arbeitsplätze geschaffen - woraufhin sich die Politik eine Debatte über eine Verschiebung des endgültigen Endes des Post-Monopols erlaubte. Politik ist für verlässliche Rahmenbedingungen zuständig, nicht für Verwirrung. Und sie ist in einer Marktwirtschaft dafür verantwortlich, dass der Markt funktioniert, nicht zum Schutz einer teilweise subventionierten Deutschen Post AG. Wie kann die Politik zusehen, wie die Post dank des Briefmonopols ihre Austräger nutzt, um privaten Unternehmen auf dem Anzeigenmarkt Konkurrenz zu machen, indem sie kostenlose TV-Heftchen verteilt? Ebenso ist es ein Bruch der fairen Ordnung, wenn öffentlich-rechtliche Sender dank Zwangsgebühren risikofrei den Markt für Online-Dienste erschließen dürfen. Private hingegen mit vollem Risiko Kapital investieren. Es wird nicht lange dauern, bis das eine oder andere Zeitungshaus die Pforten schließt oder drastisch spart oder unter einen ausländischen Investor fällt. Die Fensterreden über die Gefahr für Pluralität und publizistische Vielfalt, die aber sind längst geschrieben. Wie kurzsichtig.
Originaltext: Westdeutsche Allgemeine Zeitung Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/55903 Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_55903.rss2
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