Neue Westfälische (Bielefeld): Reform der Mehrwertsteuersätze abgesagt Es bleibt absurd ALEXANDRA JACOBSON, BERLIN
Geschrieben am 05-10-2010 |
Bielefeld (ots) - Der ermäßigte Mehrwertsteuersatz mit seinen
Abstrusitäten bleibt uns erhalten: Weiter gilt also der ermäßigte
Satz von sieben Prozent beispielsweise für Trüffel und nicht für
Babywindeln. Es wäre eine historische Leistung gewesen, dieses
Dickicht zu lichten. Doch das wird wohl nie geschehen, weil alle
Bundesregierungen regelmäßig Lobby-Interessen nachgeben und auf
absurde Ermäßigungen noch neue draufpacken. Schwarz-Gelb hat gleich
zu Beginn der Regierungszeit den Sündenfall mit der Ermäßigung für
Hotelübernachtungen begangen. Die Reform der Mehrwertsteuersätze wäre
ein glänzender Weg gewesen, sich aus dieser Falle zu befreien und die
sogenannte Mövenpick-Steuer wieder zurückzudrehen. Angeblich waren
die CDU und die FDP hierzu bereit. Doch die CSU beharrt auf dem
Privileg für das Herbergsgewerbe. Beim Tourismus kennt die Partei aus
Bayern kein Pardon. In der Großen Koalition hat sie etwa die
Wintersportlobby gehätschelt und ein Skiliftprivileg durchgesetzt.
Mit der Reform wird es aber auch deshalb nichts, weil im nächsten
Jahr sechs Landtagswahlen anstehen. Und nicht nur Wolfgang Schäuble
hat absolut keine Lust, sich mit Trüffelliebhabern oder
Schnittblumenfans anzulegen. Ein klein wenig kann man diese Scheu
verstehen.
Originaltext: Neue Westfälische (Bielefeld)
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