OV: Meine Meinung: Der europäische Patient
Von Dirk Dasenbrock
Geschrieben am 09-06-2011 |
Vechta (ots) - Europa ist eine Erfolgsgeschichte. Einerseits. Er
ist der wohlhabendste Kontinent aller Zeiten. Das war und ist er
schon länger. Aber Europa ist auch das beste Beispiel für die Union
souveräner Staaten in wohlverstandenem Eigeninteresse, eine Union,
die kriegerische Konflikte untereinander schwierig bis unmöglich
macht. Die Zeit vom Zweiten Weltkrieg bis heute ist die längste
friedliche Phase, die der Kontinent je erlebt hat. Der Balkan gehört
nur bedingt dazu. Es gibt nichts mit der EU Vergleichbares, ob in
Südamerika oder in Asien, schon gar nicht im Nahen Osten oder im
geschundenen Afrika.
Andererseits ist Europa auch eine Geschichte des Scheiterns. Die
maßgeblichen Politiker auf dem Kontinent haben die Bildung der
Europäischen Union um fast jeden Preis vorangetrieben. Auf Kosten von
Kompromissen, die zu schwerwiegenden Konstruktionsfehlern geführt
haben und deren Auswirkungen jetzt sichtbar werden. Zunächst - der
erste große Webfehler - verkam die vor vielen Jahren begeisternde
Idee eines friedlichen Europa über die Jahre zu einer bürokratischen
Maschine, die weder örtlich noch persönlich zu greifen schien. Es
gibt keinen Hauptsitz der Union - dabei wäre das französisch-deutsche
Straßburg der ideale Ort für eine wahrlich europäische Zentrale
gewesen. Und keiner der wichtigen Politiker der Nationalstaaten ist
je auf die Idee gekommen, sich, trotz anderslautender Bekundungen,
zuerst als Europäer zu sehen. So kam es, dass, salopp formuliert, der
amerikanische Präsident, wenn er Wichtiges mit Europa besprechen
wollte, weder wüsste, wo er anrufen sollte, noch, wer sich dann
melden würde. Also ruft er lieber gleich in Berlin oder Paris an.
Der zweite große Webfehler war die überstürzte Erweiterung und vor
allem der Vorzug der monetären vor der politischen Vereinigung. Die
Euro-Staaten sind so auf Gedeih und Fast-Verderb miteinander
verknüpft. Der Euro war immer eine Währung ohne Regierung, gestützt
auf das immer marktstabile Modell der bis dato stärksten europäischen
Währung, der D-Mark. Jetzt ist guter Rat sehr, sehr teuer. Es gibt
ein Ende mit Schrecken.
Pressekontakt:
Oldenburgische Volkszeitung
Uwe Haring
Telefon: 04441/9560-333
u.haring@ov-online.de
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