Herbstprognose von Roland Berger Strategy Consultants für die deutsche Wirtschaft: deutlich optimistischer als etablierte Wirtschaftsforschungsinstitute
Geschrieben am 06-10-2011 |
München (ots) -
- Wirtschaftskrise von 2008 wird sich nicht wiederholen
- Wachstumsdynamik wird sich bis Ende 2011 nur unwesentlich
abschwächen, starke 3 vor dem Komma bleibt realistisch
- Optimistische Erwartungen für 2012 unter zwei Bedingungen:
Lösung der europäischen Schuldenkrise und positive
Wirtschaftsentwicklung in den USA - beides ist wahrscheinlich
- Forderungen an die Politik: stärkere finanz- und
wirtschaftspolitische Integration Europas durch
Schaffung einer Insolvenzordnung für europäische Staaten,
Einführung einer europäischen Wirtschaftsregierung, Gründung
eines europäischen Währungsfonds, Etablierung einer europäischen
Ratingagentur
Nach dem Szenario der V-Kurve und der optimistischen
Wachstumsprognose "3x3" stellt Roland Berger Strategy Consultants ein
Update seines Wachstumsszenarios für die deutsche Wirtschaft vor. Es
fällt erneut deutlich optimistischer aus als die Erwartungen der
etablierten Wirtschaftsforschungsinstitute und geht davon aus, dass
sich die Wirtschaftskrise von 2008 nicht wiederholt. Die Eurokrise
bleibt in den kommenden Monaten die zentrale Herausforderung. Die
Roland Berger Experten empfehlen der Politik, auf eine stärkere
finanz- und wirtschaftspolitische Integration Europas zu setzen.
Bei der Vorhersage künftiger Wirtschaftsentwicklungen geht Roland
Berger Strategy Consultants mit der Szenario-Technik seit einigen
Jahren einen eigenen Weg: Nicht quantitative Prognosen und
ökonometrische Modelle stehen im Vordergrund, sondern
"unternehmerische" Szenarien. "Wir suchen bewusst nach Argumenten
gegen die Mainstream-Prognosen", sagt Prof. Dr. Burkhard Schwenker,
Aufsichtsratsvorsitzender von Roland Berger Strategy Consultants.
"Angesichts der hohen Volatilitäten sind wir der Meinung, dass bei
der Vorhersage wirtschaftlicher Entwicklungen die Realwirtschaft
sowie fundamentale Stärken und Schwächen der Volkswirtschaften und
langfristige Trends von entscheidender Bedeutung sind."
Die jetzt veröffentlichte Konjunktureinschätzung ist bereits die
fünfte nach Ausbruch der Krise. Mit der V-Kurve hatte Roland Berger
ein Szenario entworfen, das inzwischen Realität geworden ist: Einem
starken Einbruch der Konjunktur folgte ein ebenso starker und
schneller Aufschwung. Auch für das letzte Konjunkturszenario von
Anfang 2011 war Roland Berger zu einem deutlich optimistischeren
Szenario gekommen als die meisten Prognostiker: "3 mal 3", also drei
Jahre hintereinander mindestens drei Prozent Wachstum in Deutschland.
Die erste 3 (2010) ist eingetreten und die zweite 3 (2011) ist heute
fast erreicht. Noch offen ist die Frage, wie realistisch ein drei
Prozent-Wachstum der deutschen Wirtschaft im Jahr 2012 ist.
Die Analyse wurde daher unter den veränderten real- und
finanzwirtschaftlichen sowie politischen Bedingungen im September
2011 wiederholt. Ergebnis ist erneut eine optimistische Prognose:
"Erstens", sagt Schwenker: "Wir gehen davon aus, dass sich die
Weltwirtschaftskrise von 2008 nicht wiederholt. Zweitens: Wir
erwarten, dass sich die Wachstumsdynamik nur unwesentlich abschwächt,
so dass am Jahresende 2011 immer noch eine starke 3 vor dem Komma
steht. Und drittens sind wir auch für 2012 optimistisch, wobei wir
davon ausgehen, dass sich die wirtschaftliche Lage in den USA
verbessern wird und wichtige Schritte zur Lösung der europäischen
Schuldenkrise schnell sichtbar werden."
Schwenker sieht sich durch die regelmäßig nach oben korrigierten
Wachstumsprognosen für Deutschland bestätigt: "Die Dynamik der
wirtschaftlichen Entwicklung in Deutschland wurde systematisch
unterschätzt." Allerdings sei das keine Gewähr dafür, dass es nicht
auch schnell anders kommen könne: "2008 haben wir genau das erlebt.
Seitdem wissen wir auch, dass es zwei wirtschaftliche Welten gibt:
die Real- und die Finanzwirtschaft. Beide haben immer weniger
miteinander zu tun - das ist das Kernproblem."
Realwirtschaft entwickelt sich positiv
Die deutsche Wirtschaft hat mit ihrem 3,7 Prozent-Wachstum im
vergangenen Jahr einen Rekordwert erreicht und wächst mit rund drei
Prozent in diesem Jahr erneut stark. Verantwortlich dafür sind die
steigende Exportnachfrage nach deutschen Produkten und der kräftige
Binnenkonsum. Auch die Lage auf dem Arbeitsmarkt entwickelt sich
hervorragend: Mit 2,79 Millionen Arbeitslosen und einer Quote von 6,6
Prozent messen die Statistiker derzeit den niedrigsten Wert seit der
Wiedervereinigung. "Die realwirtschaftliche Lage ist in Deutschland
selbst, aber auch in seinen wichtigsten Exportmärkten, derzeit
überwiegend positiv", sagt Schwenker. Unternehmenszahlen und
Handelsvolumina erreichen Spitzenwerte und die volkswirtschaftlichen
Indikatoren liegen im Durchschnitt der letzten zehn Jahre oder
deutlich darüber. Kein Grund zur Sorge besteht auch bei Rohstoffen:
Der Ölpreis ist derzeit stabil und auch die sonstigen Rohstoffpreise
liegen weder übermäßig hoch noch schwanken sie. "Es gibt also keinen
echten realwirtschaftlichen Grund für den aktuellen Pessimismus",
sagt Schwenker.
Finanzwirtschaft mit negativem Trend
Die Kapitalmärkte zeigen allerdings ein komplett anderes Bild:
Seit etwa zwei Monaten brechen die Börsenindices weltweit dramatisch
ein. Besonders starke Verluste mussten die Finanztitel verkraften.
Das Vertrauen in den Finanzsektor ist gering, die Anleger haben Angst
vor weiteren negativen Überraschungen. Für diese - angesichts der
guten und stabilen Lage in der Realwirtschaft unerwartete - trübe
Stimmung nennen die Experten von Roland Berger vier Gründe. Zunächst
die Psychologie: Die Medien bringen täglich negative Berichte und
pessimistische Kommentare, vor allem zum Thema "Eurokrise". Zweitens
technische Automatismen in den Programmen der Finanzbranche; diese
werden ausgelöst, wenn bestimmte Schwellenwerte überschritten oder
Anlageprodukte durch die Ratingagenturen anders eingestuft werden.
Drittens die Spekulation, die an den Finanzmärkten derzeit wieder
vermehrt auftritt - gegen kriselnde Eurostaaten, auf sinkende
Währungen oder Einzeltitel. Viertens ein allgemeiner
Vertrauensverlust in die Problemlösungskompetenz der Politik.
Die Politik muss entschlossener handeln
Die Experten von Roland Berger fordern daher entschlosseneres
Handeln der Politik. "Wir müssen möglichst bald zu einer stärkeren
finanz- und wirtschaftspolitischen Integration Europas kommen", sagt
Burkhard Schwenker. Dazu gehören die Schaffung einer Insolvenzordnung
für europäische Staaten mit klaren Regeln und einer unabhängigen
Institution, die diese Regeln anwendet und überwacht. Notwendig sind
außerdem die Einführung einer europäischen Wirtschaftsregierung und
die Schaffung eines echten europäischen Währungsfonds sowie der
Aufbau einer europäischen Ratingagentur. "Diese Instrumente werden
mittelfristig helfen, Krisen wie die derzeitige gar nicht erst
entstehen zu lassen", sagt Schwenker. "Um den akuten Fall
Griechenland zu lösen, kommen sie zwar zu spät. Dafür haben wir aber
erst kürzlich unser Konzept 'Eureca' vorgestellt, das mit Hilfe einer
Treuhand erstmals einen realistischen Weg zur Entschuldung des Landes
aufzeigt."
Zentrale Ergebnisse des aktuellen Roland
Berger-Konjunkturszenarios:
2008 wiederholt sich nicht
Die Frage, ob eine "Weltwirtschaftskrise zwei" bevorsteht,
beantworten die Roland Berger Experten eindeutig mit Nein. Denn die
Realwirtschaft steht 2011 viel stabiler da als 2008. Auch bei den
globalen Wachstumsrisiken zeigt sich ein entscheidender Unterschied:
2008 war das Weltwirtschaftswachstum zu etwa zwei Dritteln durch das
Ausgabeverhalten der US-Konsumenten bedingt; die Abhängigkeit von den
USA war enorm. Heute wird das Weltwirtschaftswachstum zu zwei
Dritteln vom Wachstum der drei Schwellenländer China, Indien und
Brasilien getragen. Und diese wachsen derzeit stabil und dynamisch.
Auch in der Finanzwirtschaft ist die Lage deutlich besser als
2008. Zunächst sind die Risiken der Banken weltweit nominell
geringer. Die Transparenz und das Risikobewusstsein haben deutlich
zugenommen und die Banken haben ihr Eigenkapital stark erhöht. Zudem
hat die Politik Märkte reguliert und ist heute auch selbst deutlich
besser für eine Krise gewappnet als noch vor drei Jahren. So wurde
beispielsweise die Regulierung des Bankensektors durch Basel III, das
Verbot von Leerverkäufen, erzwungene Fusionen und neue Regelungen zum
Eigenhandel der Banken verbessert. Und nicht zuletzt sind Mechanismen
und Instrumente zum Umgang mit in Krisen geratenen Staaten entwickelt
worden, die es vor drei Jahren noch gar nicht gab.
Wirtschaftswachstum 2011: eine starke 3 vor dem Komma
Auch wenn sich die Krise von 2008 nicht wiederholen mag, so könnte
doch der Pessimismus der letzten Wochen demnächst massiv auf die
Realwirtschaft durchschlagen und das Ziel, in Deutschland dieses Jahr
ein Wachstum von drei Prozent oder mehr zu erreichen, zunichte
machen. "Wir gehen allerdings davon aus, dass es nicht zu einem
übermäßig starken Ausstrahleffekt auf die Realwirtschaft kommt und
bleiben optimistisch", sagt Schwenker. "Unsere zweite Drei für das
Gesamtjahr 2011 beruhte in unserer Frühjahrsanalyse vor allem auf der
Annahme, dass der Export weiter zieht und die Binnenkonjunktur
nachkommt. Beides hat sich bislang bestätigt."
Positiver Ausblick für 2012 - unter zwei Bedingungen
Für 2012 gibt es drei Szenarien für die wirtschaftliche
Entwicklung in Deutschland: Das pessimistischste erwartet einen
Rückfall in die Rezession - die W-Kurve, auch "double dip" genannt.
Das zweite erwartet ein sehr schwaches Wachstum oder eine Stagnation.
Als drittes Szenario ist denkbar, dass das starke und dynamische
Wachstum der deutschen Wirtschaft anhält. Die Experten von Roland
Berger halten dieses für am wahrscheinlichsten. Weil die
realwirtschaftlichen Wachstumskräfte so stark sind und es auf
mittlere Frist auch bleiben werden, erwarten sie 2012 ein nur
unwesentlich schwächeres Wachstum als in den beiden Boomjahren 2010
und 2011. Eine Drei vor dem Komma ist damit weiterhin möglich. "Wir
revidieren unsere optimistische Einschätzung für das Gesamtjahr 2012
bewusst nicht", sagt Schwenker. "Es ist aber klar, dass es dafür zwei
entscheidende Bedingungen gibt: Erstens glaubwürdige politische
Schritte hin zu einer Lösung der europäischen Schuldenkrise und
zweitens eine Verbesserung der Lage in den USA. Wir halten beides für
wahrscheinlich. Sollten wir Recht haben, stehen wir in Deutschland
2012 zum dritten Mal in Folge vor einem starken Wirtschaftswachstum."
Für Schwenker ist daher klar: "Wer jetzt zu sehr in Pessimismus
verfällt, ist aus unserer Sicht auf mindestens einem Auge blind. Wir
bleiben optimistisch."
Das Szenario-Update ist in der Reihe "think:act CONTENT"
erschienen. Sie können es kostenfrei herunterladen unter:
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und 43 Büros in 31 Ländern ist das Unternehmen erfolgreich auf dem
Weltmarkt aktiv. Die Strategieberatung ist eine unabhängige
Partnerschaft im ausschließlichen Eigentum von mehr als 200 Partnern.
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