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Börsen-Zeitung: Gefahren für die Märkte, Kommentar von Dieter Kuckelkorn

Geschrieben am 07-10-2011

Frankfurt (ots) - Der Europäischen Zentralbank (EZB) und José
Manuel Barroso, dem Präsidenten der EU-Kommission, gebührt Dank: Vor
allem ihren Ankündigungen neuerlicher Finanzspritzen und
konzertierter Aktionen für die am Abgrund stehenden europäischen
Großbanken ist es zu verdanken, dass die gerade beendete Woche an den
Kapitalmärkten einigermaßen positiv verlaufen ist.

Die EZB will dabei gedeckte Schuldverschreibungen im Volumen von
40 Mrd. Euro ankaufen und den Banken unbegrenzte Kredite mit zwölf
bzw. 13 Monaten Laufzeit gewähren. Zuvor hatte bereits die
US-Notenbank mit ihrer "Operation Twist" eine neue Runde
quantitativer Lockerungen der Geldpolitik eingeleitet. Dabei ersetzt
die Fed kurzfristige durch langfristige Anleihen mit dem Ziel, die
für die US-Wirtschaft besonders wichtigen langfristigen Zinsen weiter
zu senken.

Darüber hinaus scheinen sich auch die konjunkturellen Perspektiven
aufzuhellen. Dieser Eindruck lässt sich jedenfalls gewinnen, wenn man
die jüngsten US-Arbeitsmarktdaten zurate zieht. Im September haben
US-Unternehmen immerhin netto 103000 zusätzliche Jobs geschaffen,
mehr als von US-Ökonomen erwartet. Der Dax beendete den Freitag mit
einem Anstieg von 0,5% bei 5676 Punkten. In den vergangenen fünf
Handelstagen hat er immerhin ein Plus von 3,2% erreicht. Der Euro
weilte am Freitag über 1,35 Dollar, bis dann am Abend die
Herabstufung Italiens und Spaniens durch die Ratingagentur Fitch für
deutliche Verluste sorgte.

Positive Charttechnik

Auch aus charttechnischer Sicht hat sich die Lage verbessert. Beim
Dax kommt es offenbar zu einer Bodenbildung, die Marke von 5200
Punkten hat gehalten. Nun ist kurzfristig der Weg bis 5700 Punkte
frei und auf Monatssicht sogar bis 6000 oder 6100 Zähler. Dies setzt
aber voraus, dass es auf der politischen Ebene zu Fortschritten bei
der Rettung der Banken kommt. Genau darauf spekulieren derzeit
offensichtlich nicht wenige Marktteilnehmer. Ihr Kalkül ist, dass bis
zum EU-Gipfel im November eine große Lösung für die angeschlagenen
Kreditinstitute gefunden wird. Auch von der EZB könnte weitere
Unterstützung kommen. Für viele Akteure an den Märkten ist eine
Zinssenkung im November, wenn der neue EZB-Präsident Mario Draghi
seine erste Zinssitzung leitet, eine ausgemachte Sache.

Nicht übersehen werden sollte allerdings, dass es für dieses
durchweg positive Szenario erhebliche Gefahren gibt. Ein Risiko
besteht beispielsweise darin, dass derzeit kein Marktteilnehmer genau
weiß, in welchem Zustand sich die europäischen Großbanken befinden.
Der Beinahe-Zusammenbruch der belgischen Dexia kam jedenfalls
überraschend. Im Juli hatte das Institut den Stresstest der
europäischen Bankenaufsicht noch ohne Probleme bestanden. Offenbar
sieht es auch bei den französischen Häusern alles andere als rosig
aus. Dafür spricht, dass auf Seiten der französischen Regierung eine
gewisse Nervosität zu bemerken ist. Gemäß Agenturberichten will Paris
inzwischen sogar den europäischen Rettungsschirm European Financial
Stability Facility (EFSF) anzapfen, um Frankreichs Banken zu
rekapitalisieren. Berlin wehrt sich gegen die Zweckentfremdung der
Mittel, weil aus deutscher Sicht zunächst die nationalen Regierungen
für ihre Banken aufkommen sollen. Ein Streit zwischen Berlin und
Paris könnte auch die Aufstockung der EFSF von 240 Mrd. Euro auf 440
Mrd. Euro verzögern, was Unsicherheit an den Märkten auslösen würde.
Ob es tatsächlich zu einer großen konzertierten Rekapitalisierung
kommt, so wie Barroso sie anstrebt, steht derzeit in den Sternen.
Außerdem ist es noch längst keine ausgemachte Sache, dass Draghi
quasi als erste Amtshandlung den Leitzins senken wird. Wie die
Volkswirte der Unicredit anmerken, hat die EZB anlässlich der
Zinssitzung vom Donnerstag keinen eindeutigen Hinweis auf eine
baldige Zinssenkung gegeben, weil sie ihre Inflationseinschätzung
nicht mit Abwärtsrisiken verbunden habe.

Hinzu kommen weitere Störfaktoren, beispielsweise seitens der
Ratingagenturen. So hatten die Marktteilnehmer die Herabstufung
Italiens und Spaniens nicht auf dem Radarschirm. Und was die
Aktienmärkte betrifft, so gilt es zunächst einmal, die Quartalssaison
zu überstehen. Bei Analysten gehen die Meinungen weit auseinander, ob
die Auswirkungen des Konjunktureinbruchs schon ausreichend in den
Prognosen (und damit in den Kursniveaus) berücksichtigt sind.

Somit sieht es weiterhin nicht danach aus, als wäre an den Märkten
eine nachhaltige Erholung angesagt. Wahrscheinlicher ist, dass sich
die von hoher Volatilität geprägte Seitwärtsbewegung auf absehbare
Zeit fortsetzt.



Pressekontakt:
Börsen-Zeitung
Redaktion

Telefon: 069--2732-0
www.boersen-zeitung.de


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