WAZ: Viel mehr als eine Panne. Kommentar von Stefan Schulte
Geschrieben am 11-11-2011 |
Essen (ots) - So ganz aus Versehen will die Standard & Poor's
Frankreich herabgestuft haben. Wer das eine Panne nennt, tut dem
Ratingriesen einen großen Gefallen, er geht ihm auf den Leim. Denn
das mit dem technischen Fehler ist nicht nur eine dreiste
Verniedlichung eines handfesten Skandals. Es ist auch zutiefst
unglaubwürdig. Das Geschäft der Ratingagenturen ist die
Wahrscheinlichkeitsrechnung. Wohlan: Für wie wahrscheinlich soll man
es halten, dass ein wohlformulierter, nach gängiger Branchenpraxis in
großer Runde abgesegneter Text gar nicht so gemeint war? Und wie
wahrscheinlich ist es wohl, dass er versehentlich verschickt, aber
erst nach anderthalb Stunden und nicht sofort zurückgezogen wird? Es
fällt schwer, hier keine Absicht zu unterstellen. Und man muss weder
Anti-Amerikaner noch Verschwörungstheoretiker sein, um hinter der
"technischen Panne" politische Motive zu vermuten. Die Unabhängigkeit
der US-Agenturen von Washington war schon immer reine Glaubensfrage.
Europa muss darauf reagieren. Aber bitte nicht mit einer ebenfalls
politisierten Pro-Europa-Agentur.
Pressekontakt:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: 0201 / 804-6528
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