bvöd diskutiert mit Mitgliedern und Gästen über Chancen und Risiken von Bürgerbeteiligungen für die kommunale Wirtschaft
Geschrieben am 01-12-2011 |
Berlin (ots) - Am Dienstag dieser Woche, dem 29. November 2011,
veranstaltete der Bundesverband Öffentliche Dienstleistungen (bvöd)
seine Jahreskonferenz in Berlin, die unter dem Motto "Neue
Bürgergesellschaft - repräsentative Demokratie und Bürgerbeteiligung"
stand.
Die Konferenz bildete den Auftakt der bvöd-Veranstaltungsreihe
"Fokus Daseinsvorsorge - Impulse für die öffentliche Wirtschaft".
Angesichts der aktuellen Entwicklungen zu Stuttgart 21 diskutierten
Vertreter kommunaler Unternehmen und Stadtwerke mit Gästen und
Experten aus Wissenschaft, Verwaltung und Verbänden über die
Herausforderungen für öffentliche Unternehmen, wenn politische
Investitionsentscheidungen für Infrastrukturprojekte zunehmend zum
Gegenstand kontroverser gesellschaftlicher Auseinandersetzungen
werden.
Hans-Joachim Reck, Präsident des bvöd, und Professor Holger
Mühlenkamp, Vorsitzender des Wissenschaftlichen Beirates des bvöd,
begrüßten die Gäste in den neuen Räumlichkeiten des VKU Forums in der
Invalidenstraße in Berlin-Mitte.
Reck unterstrich, dass gerade kommunale und regionale Unternehmen
als Erbringer und Initiatoren von Projekten der Daseinsvorsorge im
Energie-, Abfall- und Verkehrsbereich mit Forderungen von Bürgern
konfrontiert sind, eine direktere Beteiligung an Entscheidungen und
Planungsprozessen vor Ort und eine höheres Maß an Transparenz bei der
Planung und dem Ausbau von Infrastrukturprojekten zu ermöglichen.
"Für die öffentlichen Unternehmen liegen in dieser Entwicklung
Chancen und Risiken. Es können zeitliche und finanzielle Risiken für
die Rechts- und Planungssicherheit von Investitionen auftreten,
jedoch erhöht eine lokale Einbindung von Bürgern und Kunden als
Projektpartner kommunaler Unternehmen die Legitimation zur Planung
von Projekten und schafft für alle Beteiligten Chancen für neue
Spielräume, größere Planungssicherheit und erweiterte Perspektiven",
so der bvöd-Präsident und Hauptgeschäftsführer des Verbandes
kommunaler Unternehmen e.V. (VKU). Stadtwerke, Verkehrsbetriebe und
andere öffentlichen Dienstleister könnten sich Vorteile im Wettbewerb
verschaffen, da die lokale und regionale Nähe ein Alleinstellungs-
und Attraktionsmerkmal kommunaler Unternehmen sei.
In seiner Grundsatzrede berichtete Dr. Klaus Hänsch, Präsident des
Europäischen Parlaments a.D., von seinen Erfahrungen als Leiter des
Mediationsverfahrens zum Ausbau des Frankfurter Flughafens.
"Mediation ist kein Selbstzweck, sondern eine sinnvolle Ergänzung zu
den üblichen Aufgaben und Zuständigkeiten der Verwaltung und der
Politik bei Großprojekten". Hänsch unterstrich, dass eine Mediation
mit allen Beteiligten klären muss, worüber überhaupt verhandelt
werden kann. Solange der Verhandlungsrahmen nicht klar gesetzt sei,
könne auch ein Mediationsverfahren nicht erfolgreich zum Abschluss
gebracht werden.
Dr. Gerd Landsberg, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und
Gemeindebundes (DStGB), forderte dazu auf, Bürgerbeteiligung als
Grundprinzip der Kommunalpolitik wahrzunehmen. Die repräsentative
Demokratie solle dabei aber nicht in Frage gestellt werden, sondern
diese ergänzen. "Bürgerbeteiligung ist nicht gleich Bürgerentscheid.
Komplexe Entscheidungen zu Einzelvoraben können nicht mit einem
einfachen Ja oder Nein beantwortet werden." Zudem müsse das Ziel
einer modernen Bürgerbeteiligung nicht die Zunahme von
Schlichtungsverfahren, sondern ein möglichst breiter Konsens im
Vorfeld sein.
Dr. Reinhard Wulfhorst, Referatsleiter im Ministerium für Energie,
Infrastruktur und Landesentwicklung Mecklenburg-Vorpommern, zeigte in
seinem Vortrag auf, dass momentan gesetzlich definierte Instrumente
und Verfahren zur aktiven Beteiligung von Bürgern nicht ausreichend
sind. "Wichtige Entscheidungen fallen vor der ersten
Öffentlichkeitsbeteiligung. Dann ist es für eine ergebnisoffene
Diskussion von Alternativen zu spät. Außerdem hängt der Erfolg jeder
Bürgerbeteiligung entscheidend davon ab, ob Politik, Verwaltung und
Wirtschaft sie wirklich wollen. Eine positive Einstellung kann man
aber nicht verordnen."
Wulfhorst stellte die aus seiner Sicht notwendigen Eckpunkte einer
Kommunikations- und Beteiligungsstrategie vor, die die förmliche
Öffentlichkeitsbeteiligung durch informelle Beteiligungsformen
ergänzt. Ein Ziel müsse die absolute Transparenz der
Entscheidungsprozesse sein, um verlorengegangenes Vertrauen der
Bürgerinnen und Bürger zurückzugewinnen.
Auf Grundlage dieses Vortrages gingen die Teilnehmer der sich
anschließenden Podiumsdiskussion der Frage nach, welche Strategien
bei Infrastrukturprojekten sinnvoll sind, um die öffentliche
Akzeptanz zu fördern und wie Beteiligungen zukünftig ausgebaut werden
sollten. Gemeinsam mit den Gästen und Wulfhorst diskutierten
Professor Thorsten Beckers, Leiter der Arbeitsgruppe
Infrastrukturökonomie und -management am Fachgebiet Wirtschafts- und
Infrastrukturpolitik der TU Berlin, Peter Moser, Fachlicher Leiter
des Kompetenznetzwerks Dezentrale Energietechnologien e. V. und
Oliver Wolff, Hauptgeschäftsführer des Verbandes Deutscher
Verkehrsunternehmen VDV. Die Moderation übernahm Friederike von
Tiesenhausen, Financial Times Deutschland.
Der Bundesverband Öffentliche Dienstleistungen - Deutsche Sektion
des CEEP e.V. ist ein politischer Bundesverband im Bereich der
öffentlichen Wirtschaft und Daseinsvorsorge mit Sitz in Berlin, der
Interessen der Erbringer öffentlicher Dienstleistungen mit besonderem
Fokus auf europäische Sachverhalte vertritt. Neben kommunalen
Unternehmen und Stadtwerken sind Wirtschafts- und Fachverbände,
Kommunale Spitzenverbände und Arbeitgeberorganisationen innerhalb des
bvöd organisiert. Auf EU-Ebene bringt der bvöd als deutsche Sektion
die Interessen der öffentlichen Arbeitgeber über den Zentralverband
der öffentlichen Arbeitgeber und Unternehmen in Europa (CEEP -
European Centre of Employers and Enterprises providing Public
services) ein.
Pressekontakte:
Inge Reichert, Geschäftsführerin bvöd
030 85072022
reichert@bvoed.de, www.bvoed.de
Dominik Hellriegel
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
030 8521046
hellriegel@bvoed.de, www.bvoed.de
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