Lausitzer Rundschau: Zu den finanzpolitischen Beschlüssen des EU-Gipfels in Brüssel / Babylon Europa / Von Werner Kolhoff
Geschrieben am 09-12-2011 |
Cottbus (ots) - Was soll über diesen EU-Gipfel wohl einer denken,
der zum Beispiel in Singapur auf einem Haufen Geld sitzt und es in
europäische Staatsanleihen investieren könnte? Wieso soll er nun mehr
Vertrauen haben in dieses sonderbare Gebilde Europa, in dem keiner zu
regieren scheint und jeder den anderen abblocken darf, bis es Morgen
wird über den Verhandlungssälen. In dem schwache Länder einem
gemeinsamen Währungsraum mit starken Ländern angehören und gleich
viel Sitz, Stimme und Blockademacht haben. In dem schon einmal
Investoren mit einem Schuldenschnitt für ihre Leichtfertigkeit
bestraft wurden. Jetzt versprechen die gleichen Verantwortlichen
zwar, so etwas nicht noch mal zu machen, weil ihnen dämmert, dass man
Leuten, von denen man etwas haben will, nicht drohen sollte. Aber wer
kann das glauben? Und wieso sollten die neuen Schuldenbremsen und
automatischen Sanktionen verbindlicher sein, als die alten des
Vertrages von Maastricht, der bekanntlich als Makulatur endete? Man
muss kein Prophet sein, um vorherzusagen, dass die Investoren aus
Singapur, Schanghai oder New York weiter einen Bogen um Euroland
machen werden, denn dieser Gipfel hat gezeigt, wie unreif das Gebilde
EU ist. Jetzt wird es auch noch ein Kontinent der zwei
Geschwindigkeiten und es ist offen, ob das in der Praxis
funktioniert. Der gemeinsamen Fiskalpolitik von 23Staaten
steht als Preis die Abspaltung von vier Staaten gegenüber, vor allem
Großbritanniens. So wird Vertrauen nicht zurückkehren, jedenfalls
nicht schnell. Vorerst können nur weitreichende gemeinschaftliche
Garantien und die Gelddruckkapazitäten der EZB den Euro
stabilisieren, so sehr sich die Deutschen auch dagegen sträuben
mögen. Europa hat zwar eine Gemeinschaftsidee, aber stärker sind noch
immer die 27nationalen Identitäten, die eben auch
27Egoismen sind. Es ist ein wahrhaft babylonischer Kontinent.
Für diesen seltsamen Verbund gebe es in der ganzen
Menschheitsgeschichte kein Beispiel, hat Helmut Schmidt in seiner
viel beachteten Rede am vergangenen Sonntag gesagt. Und gefordert,
trotzdem nicht von ihm zu lassen, ihn trotzdem schrittweise zu
entfalten. Weil das die Lehre aus der kriegerischen Geschichte des
Kontinents sei, und weil es dazu keine Alternative gebe, wolle man in
Zukunft Frieden, Freiheit und Wohlstand sichern. Das stimmt, aber es
fällt immer schwerer zu glauben, dass es auch gelingen kann. Über das
gemeinsame Geld jedenfalls wohl nicht.
Pressekontakt:
Lausitzer Rundschau
Telefon: 0355/481232
Fax: 0355/481275
politik@lr-online.de
Kontaktinformationen:
Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.
Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.
Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.
http://www.bankkaufmann.com/topics.html
Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.
@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf
E-Mail: media(at)at-symbol.de
368205
weitere Artikel:
- Schwäbische Zeitung: Ein guter Tag für den Euro - Leitartikel Leutkirch (ots) - Der Durchbruch ist geschafft: Der
Euro-Rettungsgipfel war ein voller Erfolg - vor allem für
Deutschland. Kanzlerin Merkel hat es geschafft, sich nahezu
vollständig durchzusetzen. Das ist gut für ihr Land, aber vor allem
für Europa. Denn mit nationalem Egoismus hat die Politik der
Kanzlerin nur wenig zu tun. Deutschland - ebenso wie Frankreich -
ging es darum, die am Abgrund stehende Währung zu retten. Die nun
vereinbarte Fiskalunion mit Schuldenbremse und automatischen
Sanktionen ist der richtige Weg, um die Schuldenspirale mehr...
- Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Euro-Gipfel Bielefeld (ots) - Der Euro ist zum Glück nicht gescheitert, aber
die erhoffte große Lösung mit Beteiligung der Briten ausgeblieben.
Und obwohl die Bundeskanzlerin bis auf das Nein des britischen
Premierministers David Cameron mit dem Ergebnis des Gipfel in Brüssel
durchaus zufrieden sein kann, wird das Zittern um den Euro
weitergehen - wahrscheinlich noch über Jahre.
Das liegt unter anderem daran, dass die 17 Staaten mit Eurowährung
und die neun Nicht-Euro-Länder bislang nur eine Absichtserklärung zu
mehr Haushaltsdisziplin in mehr...
- Mittelbayerische Zeitung: Zum EU-Gipfel: Vertragsentwurf steht auf wackligen Beinen Regensburg (ots) - Trotz aller Zuversicht der deutschen
Bundeskanzlerin Angela Merkel bleibt doch der Eindruck, dass der
Entwurf des neuen Eurovertrags noch auf sehr wackligen Beinen steht.
Es scheint, als stehe und falle das Projekt für die strengere
Haushaltsdisziplin der Euroländer weiter mit dem guten Willen der
Briten. Oder zumindest mit einer gutwilligen Auslegung des EU-Rechts.
Wenn ein Jurist wollte, könnte er vermutlich die Pläne des Rates
durchkreuzen. Er müsse das EU-Recht nur etwas anders auslegen, als
die Juristen des mehr...
- Mittelbayerische Zeitung: Zur gesunden Ernährung für Kinder Regensburg (ots) - Es gibt immer mehr Kindertagesstätten und
Ganztagsschulen und damit auch immer mehr Kinder, die in den
Bildungseinrichtungen zu Mittag essen. Das Schulcatering gilt in
Deutschland als Zukunftsmarkt und entsprechend buhlen die
Wettbewerber um die Einrichtungen. In diesem Konkurrenzkampf geht es
nicht allein um das beste Essen für die Kinder, sondern auch um den
besten Preis. Er muss sich in einem moderaten Rahmen bewegen, sonst
protestieren die Eltern. Der Caterer wiederum will mit der Mensa
verdienen und bietet mehr...
- Mittelbayerische Zeitung: Zum Haus der bayerischen Geschichte / Das Bayern-Museum ist ein Grund zum Jubel. Die Zukunftsaufgabe bleibt: die Kunst von morgen zu nähren. Regensburg (ots) - Das war eine gute Woche für Regensburg. Mit dem
Zuschlag für das Museum der bayerischen Geschichte, das der Freistaat
bis 2018 für 61,5 Millionen Euro bauen will, hat die Welterbestadt
viel zu gewinnen: kulturell und ideell, architektonisch,
städtebaulich, touristisch und wirtschaftlich. Das Haus wird eine
Premium-Adresse für Besucher, wie jede Stadt sie sich wünscht:
Menschen, die interessiert sind am kulturellen Austausch und an
demokratischer Bildung. Das Projekt bietet zweitens die Chance auf
Architektur der mehr...
|
|
|
Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten
Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:
LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre
durchschnittliche Punktzahl: 0 Stimmen: 0
|