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BERLINER MORGENPOST: Lindners Rücktritt ist nur ein erster Schritt - Leitartikel

Geschrieben am 14-12-2011

Berlin (ots) - Achtung, Lebensgefahr! Wer es noch immer nicht
wahrhaben wollte, dem muss spätestens nach dem überraschenden
Rücktritt des Generalsekretärs der Liberalen klar sein: Die FDP, die
Partei Thomas Dehlers und Hans-Dietrich Genschers, kämpft um ihre
Existenz. Die Boygroup Philipp Rösler (Parteivorsitz), Christian
Lindner (bis gestern Parteimanagement) und Daniel Bahr
(Kabinettsmitglied) haben der FDP kein neues Leben einhauchen können.
Das Siechtum der Partei will nicht enden: Nach dem Scheintriumph in
der Bundestagswahl 2009 folgte bei den Landtagswahlen ein
Schwächeanfall nach dem anderen; zu den großen Themen unserer Tage,
wie der Energiewende, schwieg sie weitgehend. Oder ihr fiel, wie in
der Euro-Krise, nicht viel mehr ein als der per Mitgliederbefragung
ausgetragene interne Streit über Sinn oder Unsinn des
Rettungsschirms. Keine zündende Idee, kein eigenes Thema, das eine
Debatte angestoßen und den Liberalismus in diesem Lande belebt hätte.
Da wundert es nicht, dass alle Umfragen die FDP seit Monaten unter
die Rettungsmarke von fünf Prozent drücken. Mit Christian Lindner hat
jetzt der Erste aus dem Führungstrio der Dreißigjährigen die
Konsequenz gezogen. Das zumindest ehrt ihn. Befreit aber auch ihn
nicht von der Kritik, für den Absturz der Partei zumindest
mitverantwortlich zu sein. Wie es am Ende auch immer um das
Verhältnis zwischen ihm und Parteichef Rösler gestanden hat - als
Generalsekretär hat er für Mobilisierung, Themensetzung und damit für
Programmatik und Dynamik innerhalb der eigenen Reihen zu sorgen.
Damit ist Lindner gründlich gescheitert. Zuletzt ablesbar an der
Euro-Mitgliederbefragung. Sie hätte zu einer beispielhaften
Diskussionskultur unter Liberalen hochstilisiert werden können.
Stattdessen voreilige Siegesfanfaren von Rösler und Lindner, die
echten Liberalen wie Hohngesänge in den Ohren klingen mussten. Wer
putscht, wie Rösler, Lindner und Bahr vor knapp einem Jahr, der darf
das nicht halbherzig tun. Die drei hätten den Mut haben müssen, Guido
Westerwelle, Urquell des steilsten Absturzes einer Partei in der
Bundesrepublik, politisch zu entsorgen. Das wäre die Chance zu einem
wirklichen Neuanfang gewesen, der Ausweis, aus einer Fehlentwicklung
gelernt zu haben, und die Hoffnung, Glaubwürdigkeit zurückzugewinnen.
Was Christian Lindner gerade noch gelungen ist, sich halbwegs
respektabel vorerst aus der ersten Reihe zu verabschieden, wird
Philipp Rösler kaum noch gelingen. Wie sein Vorgänger Westerwelle vor
einem Jahr ist jetzt er zum Vorsitzenden der Hoffnungslosigkeit
geworden. Nur noch radikale Entscheidungen können der
lebensbedrohlich erkrankten FDP über das Wahljahr 2013 helfen. Dabei
darf auch die Person des völlig überforderten Parteichefs nicht
länger tabu sein. Aber woher neues Führungspersonal nehmen? Wenn
selbst schon über Rainer Brüderle, lange als weinseliger Pfälzer
belächelt, als potenziellen Nachfolger Röslers gesprochen wird,
bekräftigt das den auch für die CDU besorgniserregenden Zustand der
Regierungspartei FDP. Armer Hans-Dietrich Genscher...



Pressekontakt:
BERLINER MORGENPOST
Chef vom Dienst
Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de


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