WAZ: Sauerlands gerechte Abwahl
- Kommentar von Ulrich Reitz
Geschrieben am 12-02-2012 |
Essen (ots) - Adolf Sauerland wird dereinst als erster
Oberbürgermeister in den Geschichtsbüchern stehen, den sein eigenes
Stadt-Volk abgewählt hat. Nicht einmal knapp, sondern ausgesprochen
konsequent: Sauerland konnte nicht mehr seine vornehmste Pflicht
erfüllen, das Gesicht seiner Stadt zu sein. Das haben die Menschen
seit langem gespürt. Sein politisches Ende ist gerecht, sein Rückzug
ins Private ohne Alternative. Dies heilt eine tiefe Wunde. Natürlich
wird keines der 21 Loveparade-Opfer durch Sauerlands Abwahl wieder
lebendig. Aber nun wird der oberste Verantwortungsträger für diese
Tragödie wenigstens seiner Verantwortung gerecht, wenn auch
gezwungenermaßen. Und endlich hat dieses unwürdige Jonglieren mit dem
Schuld- und Verantwortungsbegriff ein Ende. Das Abwahlverfahren ist
nicht nur wegen seines Ergebnisses positiv. Indem die Duisburger
gegen Sauerland kämpften, fochten sie für ihre Stadt. Welch ein
schönes Beispiel für bürgerschaftliches Engagement. Darauf lässt sich
bauen. Sauerland, das war zuletzt nicht mehr "Einer von uns", wie es
damals auf seinen Wahlplakaten stand, sondern jemand aus einem
weltentrückten Paralleluniversum. Aus Bürgernähe war längst
Bürger-Abgeschiedenheit geworden. Sauerland durchlebte damit die
schlimmste persönliche Entwicklung, die sich im bodenständigen und
aufrechten Revier vorstellen lässt. Zu seiner Tragik gehört, dies bis
zuletzt nicht begriffen zu haben. Sauerlands Ende ist die Chance für
Duisburgs Anfang. Die einzige Industriestadt mit den drei Identitäten
Rheinland, Niederrhein und Ruhrgebiet, kann sich nun wieder auf sich
selbst besinnen und seine Zukunft. Es wäre schön, wenn die SPD der
Versuchung widerstehen würde, Sauerlands Ende als ihren
parteipolitischen Triumph zu verstehen. Es geht jetzt um die Stadt,
nicht um das Wohl einer Partei. P.S. Schade, dass die Bürger nicht
die Chance haben, den Bundespräsidenten aus dem Amt zu wählen.
Pressekontakt:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: 0201 - 804 6519
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