Neues Deutschland: Karlsruhe berät über Euro-Verträge: Nerven
behalten
Geschrieben am 10-07-2012 |
Berlin (ots) - Wie sähe die Demokratie in der Bundesrepublik ohne
das Verfassungsgericht in Karlsruhe aus? Vermutlich gäbe es sie gar
nicht mehr. Ohne die obersten Richter, die übereifrige, ignorante
oder tatsächlich mit Absicht gegen das Grundgesetz handelnde
Politiker zurückpfeifen, wäre von der Verfassung noch weniger übrig,
als es ohnehin der Fall ist. Eine Devise bundesdeutscher Politik
lautet nämlich leider: Wollen Gesetze einfach nicht zum Grundgesetz
passen, wird versucht, es zu ändern - bisher über 50 Mal. Dass es
diesmal nicht auch für den Fiskalpakt und ESM auf diesem Weg versucht
wurde, mag daran liegen, dass die erforderlichen Änderungen so
gravierend sind - die Abtretung grundlegender Entscheidungsrechte an
die EU -, dass die geänderte Verfassung nach Paragraf 146 GG durch
eine Volksabstimmung legitimiert werden müsste. Doch man hat es
eilig, sehr eilig. Denn das kapitalistische System verlangt nach
immer neuen Euro-Milliarden. Und die Politik liefert, ohne Rücksicht
auf Verfassungen und Menschen - anstatt das System zu ändern durch
Gesetze, die locker etwa mit dem Grundgesetz vereinbar wären. Die
Richter in Karlsruhe wollen sich anders als die Bundesregierung
offenbar nicht zu den Gejagten der Märkte machen lassen und in Ruhe
prüfen. Auch in Krisenzeiten kann man also die Nerven behalten und
wenigstens abwägen, welche Interessen überwiegen, anstatt aus Angst
vor Banken und Ratingagenturen nicht mal eine Waage in die Hand zu
nehmen.
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Neues Deutschland
Redaktion
Telefon: 030/2978-1715
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