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Börsen-Zeitung: Auf Schlingerkurs, Kommentar zu Talanx von Walther Becker

Geschrieben am 20-09-2012

Frankfurt (ots) - Sprunghaftigkeit wird ab jetzt in Talanx
gemessen. Hin und her und her und hin. Gerade erst war der Börsengang
hin, jetzt soll er wieder her. Hauptsache, die Richtung stimmt?
Glaubwürdigkeit geht bei diesem Hannoveraner Schlingerkurs verloren.
Wenn der Vorstand des drittgrößten Versicherers der Republik neben
dem operativen Geschäft eines kann, dann das: verblüffen. Erst mit
einer "Intention to Float" überraschen, dann, schon sehr weit im
Prozess vorangeschritten, der Rückzieher. Und eine Woche später der
Rückzieher vom Rückzieher. Ein Prozedere, das an Peinlichkeit kaum zu
überbieten ist. Sollte erneut abgesagt werden, wird das kaum einen
vom Stuhl hauen.

Im neuen Anlauf, den Talanx als "Fortsetzung" interpretiert wissen
will, gibt es Abstriche im Volumen, das von 700 Mill. auf 500 Mill.
Euro reduziert wird, und im Streubesitzanteil, der knapp 12% betragen
soll. Dieser niedrige Free Float dürfte einen Einzug in den MDax
erschweren. Die Talanx-Bewertung läge nach dem IPO auf Basis der
angekündigten Preisspanne bei mindestens 4,4 Mrd. Euro. Ursprünglich
zielten Talanx und Gesellschafter HDI auf 4,8 Mrd. Euro als Minimum.
Den hälftigen Anteil der Tochter Hannover Rück von 3 Mrd. Euro, die
Wandlung des japanischen Partners und die Kapitalerhöhung
herausgerechnet, würde Talanx allein nun mit 700 Mill. bis 1,3 Mrd.
Euro gewogen. Die Kapitalerhöhung wird ja über Buchwert platziert.
"Das ist nicht unsere Wunschbewertung, aber wir können damit leben",
sagt Talanx-Chef Herbert Haas.

Als er die IPO-Pläne vor neun Tagen trotz steigender Kurse,
Schützenhilfe von EZB und Verfassungsgericht für die Märkte sowie
positiver Stimmung der Investoren in die Schublade steckte - die
entsprechende Meldung wurde übrigens gestern von der Homepage
genommen -, machte er den Banken heftige Vorwürfe, weil sie zu hohe
Erwartungen geschürt hätten. Noch am Freitag hatte er einen neuen
Anlauf auf sechs Monate ausgeschlossen. Nun wird zurückgerudert, und
es gibt Kompromisse in der Bewertung.

Unter den Banken treten Citi und J.P. Morgan einen Schritt zurück,
Berenberg rückt auf. Nicht nur die neue Konsortialführung, auch das
geringere Volumen spricht dafür, dass es ein anderer als der zunächst
geplante Deal werden soll - eher deutsch, stärker auf Privatanleger
zielend. Denn für internationale Investoren, die Citi und J.P. Morgan
ansprechen, zählt maßgeblich eine hohe Liquidität in der Aktie, um
rasch ein- und aussteigen zu können, ohne die Kurse zu drücken. Diese
Liquidität wird dem Versicherer fehlen. Auch daran wird Talanx
künftig gemessen.



Pressekontakt:
Börsen-Zeitung
Redaktion

Telefon: 069--2732-0
www.boersen-zeitung.de


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