Westdeutsche Zeitung: Krankenkassen und Krankenhäuser streiten um Operationen - Geld steht im Mittelpunkt, nicht der Patient
Ein Kommentar von Lothar Leuschen
Geschrieben am 07-12-2012 |
Düsseldorf (ots) - Mit Studien ist das wie mit Gutachten. Oft ist
es hilfreich zu schauen, wer sie in Auftrag gegeben hat, um das
Ergebnis besser beurteilen zu können. Eine Untersuchung im Auftrag
der Allgemeinen Ortskrankenkassen (AOK) ist nun wenig überraschend zu
der Erkenntnis gelangt, dass in deutschen Krankenhäusern zu viel
operiert wird. Faktisch dürfte das sogar stimmen. Denn Operationen
sind zählbar, und wenn ihre Zahl binnen eines Jahres um 300 000 auf
18,3 Millionen Fälle steigt, ist die Frage berechtigt, ob das
deutsche Volk wirklich so krank sein kann. Die das wissen können,
schweigen bisher. Statt ihrer meldet sich pflichtschuldigst der
Verband der Krankenhäuser und verweist auf die demografisch
begründete Notwendigkeit von Knie-, Hüft- und Rückgrat-Operationen.
Und auch das klingt plausibel. Schließlich wird der Mensch dank der
Medizin immer älter. Also ist es logisch, dass mehr Herzen, Gelenke
und Wirbelsäulen reparaturbedürftig sind.
Nun wäre die gesamte Diskussion aller Ehren wert, ginge es um das
Wohl jener, welche die gut 18 Millionen Operationen bezahlen müssen.
Es geht aber nicht um die Patienten und die beitragspflichtigen
Mitglieder der Kassen. Es geht ums Geld und um das Wohlbefinden der
Schatzmeister von Krankenkassen und Krankenhausgesellschaften. Soweit
ist es gekommen in einem der immer noch besten Gesundheitswesen der
Welt. Milliarden über Milliarden fließen seit Jahr und Tag in das
viel zu komplizierte System. Und die Lobbyisten derer, die davon
leben, stöhnen regelmäßig, dass es immer noch nicht reicht. Das ist
für sie jedoch kein Problem, solange die Beiträge erhöht werden und
niemand diesem Spiel ein Ende setzt.
Zu diesem Schritt ist bisher keine Bundesregierung wirklich fähig
gewesen. Es wurde und wird geflickt statt zu reparieren. Praxisgebühr
hier, Selbstbeteiligung dort. Auf der Strecke bleibt zuerst die
Transparenz, dann das Wohlergehen der Patienten.
Es ist noch nicht sehr lange her, dass ein junger Funktionär der
CDU Hüftoperationen bei Senioren infrage stellte. Davon ist
Deutschland zum Glück noch weit entfernt. Aber das unverhohlene
Gerangel um möglichst große Stücke vom Milliardenkuchen könnte bei
Patienten Befürchtungen wecken, dass das nicht mehr lange so bleibt.
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Westdeutsche Zeitung
Nachrichtenredaktion
Telefon: 0211/ 8382-2370
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