Stuttgarter Zeitung: Leitartikel zur Gauck-Rede
Geschrieben am 22-02-2013 |
Stuttgart (ots) - "Europa steht vor weiteren Herausforderungen",
warnte Joachim Gauck in seiner europapolitischen Grundsatzrede. Da
hat der Bundespräsident ohne Zweifel recht. Auch fast drei Jahre nach
dem Ausbruch der Eurokrise ist der Kontinent immer noch nicht aus dem
Gröbsten heraus. Europa und seine Finanzmärkte befinden sich immer
noch in einem sehr labilen Gleichgewicht.
Deutschland strotzt zwar nicht mehr so vor Kraft wie noch vor
Jahresfrist, ist aber nach wie vor der Wachstumsmotor der Union und
entwickelt sich sogar ein wenig besser als erwartet. Ganz anders
hingegen die Situation in den Südländern Spanien und Italien.
Mindestens so problematisch bleibt die Lage in Frankreich.
Gaucks Analyse ist richtig. Doch sie hört im praktisch-politischen
Bereich da auf, wo es wehtut. In Sonntagsreden wird zwar eine
gemeinsame Wirtschafts- und Finanzpolitik gelobt, aber selbst die
engen Partner Deutschland und Frankreich verstehen darunter etwas
grundsätzlich anderes. Und wo ist die Balance, wo ist der politische
Konsens zwischen der von den starken Euroländern geforderten
Verlässlichkeit, etwa bei der Sanierung der Haushalte von
Krisenstaaten, und der von den schwächeren Ländern eingeforderten
Solidarität?
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