Westdeutsche Zeitung: Peer Steinbrück bringt sich erneut in Schwierigkeiten =
von Lothar Leuschen
Geschrieben am 28-02-2013 |
Düsseldorf (ots) - Die Frage danach, was Peer Steinbrück sich
dabei gedacht hat, als er Beppe Grillo und Silvio Berlusconi "Clowns"
nannte, erübrigt sich. Allzu viel kann es nicht gewesen sein.
Vielleicht die Lust auf einen lockeren Spruch, vielleicht die
Sehnsucht, als witzig-spritzige Alternative zur Bundeskanzlerin
erkannt zu werden. Vielleicht war es aber auch nur Beifallbuhlerei.
Auf jeden Fall war es schlecht. So kann ein Politiker nicht über das
Wahlergebnis in einem anderen Land lästern. Es ist eine grobe
Unverschämtheit, mehr als 50 Prozent derer, die in Italien ihre
Stimme abgegeben haben, indirekt als dämlich zu bezeichnen. Die
Italiener haben so gewählt, wie sie es für richtig hielten. Offenbar
ist Berlusconi nur aus der Auslandsperspektive nichts als ein
spleeniger Milliardär, der sich auf der politischen Bühne bewegt wie
der Elefant im Porzellanladen. Und womöglich hat der Berufskomiker
Grillo mehr zu bieten als bloßen Protest. Wer die Stimmungslage und
die Diskussionen in einem Land nicht kennt, sollte sich mit Urteilen
und Verurteilungen zurückhalten. Das ist Steinbrück nicht gelungen.
Wieder einmal nicht. Nach der Schweiz, der er im Steuerstreit mit der
Kavallerie gedroht hat, düpiert er nun die Italiener. Es mag ja sein,
dass sich seine Zuhörer in der SPD-Veranstaltung "Klartext" vor
Lachen auf die Schenkel geschlagen haben. Aber der Kanzlerkandidat
hat Klartext mit Klarheit verwechselt. Und das führt direkt zu den
hiesigen Folgen seines Tuns. Die Politik ist leider auch in
Deutschland ein Showgeschäft geworden. Wer gewählt werden will, meint
auffallen zu müssen. Sei es ein CDU-Politiker, der Intelligenztests
für Einwanderer fordert, oder eben ein Kanzlerkandidat, der auf
Kosten anderer witzig wirken will. Sympathisch ist beides nicht.
Leidtragende sind die Wähler. Statt zweier Kandidaten, die sich über
Inhalte streiten, haben gut 61 Millionen Deutsche im September die
Wahl zwischen einem intellektuellen Zyniker und einer Amtsträgerin,
die zu allem so lange schweigt, bis sie weiß, welche Meinung
mehrheitsfähig ist. Vielleicht ändert sich das wider Erwarten noch.
Mindestlohn, Kinderbetreuung, Renten, Bildung, Gesundheit,
Energiekosten - Themen gäbe es genug. Und sie sind viel wichtiger als
müde Späße über Berlusconi oder Grillo.
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Westdeutsche Zeitung
Nachrichtenredaktion
Telefon: 0211/ 8382-2370
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