"DER STANDARD"-Kommentar: "Die Spiele müssen weitergehen" von Christoph Prantner
Geschrieben am 16-04-2013 |
Der Terrorismus verliert, wenn die Gesellschaft maßvoll mit
ihm umgeht (ET 17.04.2013)
Wien (ots) - Es war ein Satz, der viele empörte. Nachdem der
palästinensische Kommandotrupp "Schwarzer September" am Morgen des 5.
Sep_tember 1972 in München die israelische Olympiamannschaft
überfallen, Geiseln genommen und ein Blutbad am Fliegerhorst
Fürstenfeldbruck schließlich 17 Menschen das Leben gekostet hatte,
sagte Avery Brundage seine fünf berühmt gewordenen Worte: "The games
must go on." Auch wenn 80.000 Menschen bei der Gedenkfeier im
Olympiastadium dem Präsidenten des IOC damals demonstrativ Beifall
spendeten, befanden es viele Kritiker als pietätlos und unangebracht,
nach dem Massaker wieder zur Tagesordnung überzugehen - so als ob
nichts geschehen wäre.
Heute gilt "München '72" als eine Art Geburtsstunde des modernen,
mediengerecht inszenierten Terrorismus. Die Angreifer hatten
verstanden, dass ihre Botschaft der Gewalt erst an Wucht gewinnen
würde, wenn diese einem Milliardenpublikum über die TV-Schirme in
deren Wohnzimmer geliefert wird. Und heute, nach der jüngsten Attacke
auf den Marathonlauf in Boston, steht wie damals fest: Wer der Furcht
keinen Raum geben will, der muss möglichst normal mit dem Leben
weitermachen. Wer vereiteln will, dass Attentäter - welcher Couleur
und Ideologie auch immer - ihre Ziele erreichen, der darf auch nach
noch so barbarischen Angriffen nicht auf fundamentalistische
Weltanschauungen einschwenken.
Nach dem 11. September 2001 haben die USA genau das nicht
beherzigt. George W. Bush rief den "Krieg gegen den Terrorismus" aus,
so als ob sich gegen die Saat der Angst tatsächlich Krieg führen
ließe. Unter Bushs Flagge wurden Freiheits- und Bürgerrechte der
Menschen in Amerika und anderswo beschnitten. Noch heute müssen wir
alle an Flughäfen unsere Schuhe ausziehen, an den Trinkflaschen
unserer Kinder nippen und bei der Einreise in die USA wie
Schwerverbrecher Fingerabdrücke und Fotografien abgeben.
Die Sicherheit, die solche Maßnahmen vorgaukeln, gibt es nicht.
Das hat Boston einmal mehr bewiesen - wer auch immer dahintersteckt.
Und man muss hoffen, dass Barack Obama nach dem ersten blutigen
Bombenattentat auf amerikanischem Boden nach beinahe zwölf Jahren
besonnen bleibt.
Als gutes Beispiel mag ihm die Reaktion der Norweger auf die
Attentate in Utoya und Oslo 2011 dienen. Sie haben auf das
unbegreifliche Massaker, das Anders Behring Breivik damals
anrichtete, demonstrativ mit noch mehr Toleranz, mit noch mehr
Offenheit und noch mehr zivilisierter Debatte reagiert. Sie haben
verstanden, dass man all den bombenlegenden Feinden der Freiheit in
der Welt nicht nur staatliche Repression und scharfe Strafverfolgung
entgegenhalten, sondern vielmehr mit noch mehr freiheitlicher
Gesinnung und Unerschrockenheit begegnen muss.
Für alle, die wie nun in Boston zu Schaden oder gar zu Tode
gekommen sind, mag das eine fast unmenschliche Übung sein. Eine
andere Option, eine demokratische Alternative dazu gibt es aber
nicht. Oder, um es noch einmal mit Avery Brundage zu sagen: "Wir
verfügen nur über die Kraft eines großen Ideals. Ich bin überzeugt,
dass die Weltöffentlichkeit mit mir einer Meinung ist, dass wir es
nicht zulassen können, dass eine Handvoll Terroristen diesen Kern
internationaler Zusammenarbeit und guten Willens zerstört, den die
Olympischen Spiele darstellen."
Rückfragehinweis:
Der Standard, Tel.: (01) 531 70/445
Digitale Pressemappe: http://www.ots.at/pressemappe/449/aom
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