WAZ: Die Stunde der Stereotype
- Kommentar von Dirk Hautkapp
Geschrieben am 19-04-2013 |
Essen (ots) - Streng gläubige Muslime. Jungmänner. Tschetschenen.
Nach Amerika geflohen. Vater und Mutter getrennt. Die Integration
stockt. Fremdeln mit dem "american way of life". Vom islamistischen
Hass-Virus befallen. Radikalisierung durch das Internet. Oder
Wutprediger aus Fleisch und Blut. Schleichende Abnabelung.
Rachegelüste. Am Ende das Blutbad am Marathonziel. Dschochar Zarnajew
war gestern noch auf der Flucht, verfolgt von der größten
Polizei-Armada, die Amerika seit langem gesehen hat, da kursierten in
US-Medien die ersten Analyse-Schlagworte. Sie sollen die Tragödie von
Boston fassbar machen. Die Wahrheit ist: Sie stiften Verwirrung. Sie
recyceln Stereotype. Geben wir zu, was wir bisher wirklich wissen:
fast nichts. Was die Brüder abdriften ließ, liegt im Nebel der
Spekulation. Dass sie ihre frühen Kindheitstage in moralisch wie
politisch kaputten Überbleibselstaaten der früheren Sowjetunion
verbrachten, kann viel bedeuten - oder nichts. Zehn Jahre ist es her,
dass sie da waren. Aufklärung braucht Zeit. Dagegen steht die
aufgeblasene Verdachtsberichterstattung, in der sich Echtzeitmedien
wie soziale Netzwerke durch horrende Fehlerquoten als Fluch erweisen
und nicht als Segen. Wo haben die Männer gelernt, mit Waffen und
Bomben umzugehen? Waren sie in Vorbereitung und Durchführung allein?
Gab es Helfershelfer? Handelten sie aus selbstgebastelten
Rachegespinsten oder waren sie durch Dritte inspiriert? Standen sie
im Kontakt zu Terrornetzwerken? Sollte Boston das einzige
Ausrufezeichen sein oder waren weitere Anschläge geplant? Es wird
lange dauern, bis die Fahnder Wege und Weltsicht, Umfeld und Leben
der Einwanderer-Söhne so detailliert rekonstruiert haben werden, dass
sich belastbare Schlüsse und Lehren ziehen lassen. Bis dahin bleibt
eine bestürzende Tatsache: Die Brüder Zarnajew wurden einst von
Amerika mit offenen Armen und allen Chancen aufgenommen. Revanchiert
haben sie sich mit Bomben, die ahnungslosen Mitmenschen Beine und
Arme abgerissen haben. Widerwärtig. Krank. Böse.
Pressekontakt:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: 0201 - 804 6519
zentralredaktion@waz.de
Kontaktinformationen:
Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.
Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.
Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.
http://www.bankkaufmann.com/topics.html
Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.
@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf
E-Mail: media(at)at-symbol.de
459346
weitere Artikel:
- Allg. Zeitung Mainz: Jetzt erst recht / Kommentar zur Jagd auf Bombenleger in Boston Mainz (ots) - Sollte sich herausstellen, dass die mutmaßlichen
Bombenleger von Boston keinerlei Beziehungen zum organisierten
islamistischen Terrorismus haben, dann wird ein Albtraum zur
schrecklichen Wirklichkeit. Denn dann wäre in diesem Fall
eingetreten, wozu radikale Hassprediger seit Langem längst nicht mehr
nur in Moscheen, sondern vor allem im Internet aufrufen: Dass jeder
aufrechte Muslim Gotteskrieger werden kann, und zwar völlig
unabhängig von jeglicher Organisation. Diese Art von Terrorismus
lässt sich auch mit noch so mehr...
- Allg. Zeitung Mainz: Zweitbeste Lösung / Kommentar zum NSU-Prozess Mainz (ots) - Eine gewisse Halsstarrigkeit kann man dem
Oberlandesgericht München nicht absprechen. Zu der Neuvergabe der
Presseplätze beim NSU-Prozess hätte es sich auch durchringen können,
ohne dazu vom Bundesverfassungsgericht angehalten zu werden. Juristen
sind aus guten Gründen vor jeder politischen Einflussnahme geschützt.
Das heißt aber nicht, dass sie keine politische Einsicht zeigen
dürfen. Und die Frage, welche und wie viele Medien von diesem
international beachteten Prozess berichten dürfen, ist eine
politische. Mit dem mehr...
- WAZ: Aufsicht nötig
- Kommentar von Tobias Blasius Essen (ots) - Mit dem Ende des Steinkohle-Bergbaus in NRW
schwindet vielerorts die Bereitschaft, Risse in der Hausfassade und
die bisherige Schadensregulierung des RAG-Konzerns als gegeben
hinzunehmen. Selbst wenn die allermeisten Bergbau-Betroffenen über
Entschädigung und Umgang des Unternehmens nicht klagen mögen,
verbleibt eine stattliche Zahl von Eigentümern im Ruhrgebiet und am
Niederrhein, die sich im Kampf um Kostenerstattung allein gelassen
fühlt. Der Ruf nach einer Reform des Markscheiderwesens ist in diesem
Zusammenhang mehr...
- WAZ: Die Bombe im Schloss Bellevue
- Kommentar von Walter Bau Essen (ots) - Erst vor wenigen Tagen war an dieser Stelle zu
lesen, wie die Terrorangst nach Amerika zurückgekehrt ist; der
blutige Anschlag von Boston schockte auch hierzulande viele Menschen.
Spätestens mit dem explosiven Brief, der offenbar an den
Bundespräsidenten adressiert war, ist die Gefahr, die von Terroristen
und Wirrköpfen ausgeht, in Deutschland nun wieder präsent. Die gute
Nachricht ist: Das Warn- und Sicherheitssystem beim
Bundespräsidialamt hat funktioniert. Es bestand keine Gefahr, dass
die hochbrisante Lieferung bis mehr...
- Südwest Presse: KOMMENTARzu· NSU
Ausgabe vom 20.04.2012 Ulm (ots) - KOMMENTARzu· NSU
Ausgabe vom 20.04.2012 Zumindest ein Stück weit setzt sich das OLG
München mit den neuen Regeln für die Journalistenakkreditierung im
NSU-Prozess auf die richtige Spur. Denn durch eine Panne nach der
anderen drohte das Verfahren schon vor seiner Eröffnung zur
internationalen Blamage zu werden. Die Töpfchenbildung in
verschiedene Medienarten und differenziert nach In- und Ausland mit
anschließender Auslosung wirkt auf den ersten Blick überkompliziert.
Diesmal wollte der Vorsitzende Richter wirklich mehr...
|
|
|
Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten
Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:
LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre
durchschnittliche Punktzahl: 0 Stimmen: 0
|