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DER STANDARD-Kommentar "Den Libanon draußen lassen" von Gudrun Harrer

Geschrieben am 26-05-2013

"Tripoli zahlt den Preis für die gemeinsamen Siege von
Hisbollah und Assad-Armee" - Ausgabe 27.5.2013

wien (ots) - Die Art der Umsetzung, die der Chef der libanesischen
Hisbollah, Hassan Nasrallah, für die "Baabda-Erklärung" vorschlägt,
ist skurril: "Wir kämpfen in Syrien, ihr kämpft in Syrien, kämpfen
wir weiter dort. Lassen wir den Libanon draußen." Während Nasrallah
sprach, wurde in der nordlibanesischen Stadt Tripoli gekämpft: Nicht
nur sunnitische und alawitische Freischärler starben, sondern auch
Mitglieder der nationalen libanesischen Armee, die die Parteien zu
trennen versuchte. Und am Sonntag schlugen in einem südlichen
schiitischen Viertel von Beirut Raketen ein. Der Libanon schlittert
immer tiefer in den Syrien-Konflikt. In der Erklärung von Baabda
hatten sich Vertreter der disparaten, nach Konfessionen gespaltenen
politischen Landschaft des Libanon im Juni 2012 darauf verständigt,
das Land aus dem Krieg in Syrien herauszuhalten und Grenzen und Armee
zu schützen. Lange Zeit schienen sich die Führer der Lager relativ
erfolgreich von dem dissoziieren zu können, was ihre jeweiligen
Anhänger taten. Den Tabubruch vollzog die Hisbollah, als sie die
"Notwendigkeit" erklärte, in Syrien auf der Seite des Regimes - des
"Widerstands", wie das auf der Achse Teheran-Hisbollah-Assad heißt -
zu kämpfen. Es folgten entsprechende Jihad-Fatwas von radikalen
Sunniten, die auch schon zuvor die syrische Opposition tatkräftig
unterstützt hatten. Seit die Schlacht um al-Qusayr tobt, an der die
Hisbollah auf syrischer Regimeseite sehr prominent teilnimmt,
bröckelt die Fassade immer mehr. Das Assad-Regime ist dabei, mit
al-Qusayr die letzte Bastion der Rebellen in der Provinz Homs
einzunehmen. Die erhöhte Schlagzahl der Sunniten in Tripoli gegen die
alawitische Enklave Jabal Mohsen hat die strategische Absicht, die
Hisbollah von al-Qusayr wegzulocken. Auch um den Preis, dass sich die
periodischen Scharmützel in Tripoli immer mehr zur richtigen Schlacht
hochschaukeln. Ein weiterer Brennpunkt könnten auf libanesischer
Seite die Versorgungsrouten nach Syrien werden. Die libanesische
Politik ist gelähmt: Die Bildung einer Regierung des "nationalen
Konsenses" von Tammam Salam kommt nicht vom Fleck, und die für 20.
Juni geplanten Parlamentswahlen wackeln, weil sie in der
Konkordanzdemokratie Libanon keinen Sinn machen, wenn nicht in allen
Wahlkreisen gewählt werden kann, wie es momentan aus
Sicherheitsgründen der Fall wäre. Abgesehen davon gibt es noch immer
keine Einigung auf ein neues Wahlrecht. Das führte Hassan Nasrallah
auch in seiner Rede an, wobei er "den Staat" - notabene, die
Hisbollah sitzt in der noch amtierenden Regierung von Najib Mikati -
der Unfähigkeit bezichtigte: weswegen die Hisbollah ihre Waffen auch
nicht, wie von Präsident Michel Sulaiman gefordert, in eine nationale
Verteidigungsstrategie einbauen lassen könne. Das ist im Prinzip
nichts Neues, aber diese Absage der Hisbollah an die libanesische
Republik kommt zu einem brisanten Zeitpunkt._ Es fragt sich nur, wem
sie am Ende mehr schaden wird. Die antiisraelische
"Widerstand"-Rhetorik stieß im Libanon immer auch auf offene Ohren
außerhalb der Iran-verbündeten Schiiten, zumindest war sie schwer
angreifbar. Aber für den Großteil der Libanesen ist sie ad absurdum
geführt, seit sie dafür herhalten muss, die Assad-Präsidialdynastie
in Syrien zu verteidigen. Da zieht auch Israel nicht mehr. Das könnte
sich allerdings ändern, wenn es in Syrien eingreift.

Rückfragehinweis:
Der Standard, Tel.: (01) 531 70/445

Digitale Pressemappe: http://www.ots.at/pressemappe/449/aom

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