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Mittelbayerische Zeitung: Leitartikel zur Flut: "Eine Welle der Zuversicht" von Reinhard Zweigler

Geschrieben am 09-06-2013

Regensburg (ots) - Joachim Gauck hat gestern in den Flutregionen
an Saale und Elbe richtige Worte gefunden. Dass wir es wieder packen,
haben wir bei der Flut 2002 bewiesen, sagte der Bundespräsident.
Solche Worte der Zuversicht sind wichtig für diejenigen, die gerade
ihr Hab und Gut in den braunen Fluten verloren haben und nun von vorn
anfangen müssen. Genauso wie für diejenigen, die hoffen, dass es bei
ihnen nicht so schlimm kommen wird, dass die Deiche halten werden.
Der Zuspruch ist auch wichtig für die vielen Helfer, die übermüdet
und von Mücken gepiesackt Sandsäcke aufstapeln. Die Katastrophe hat
viel Leid und große Schäden gebracht, zugleich aber geht eine Welle
der Zuversicht durchs Land, dass wir diese Prüfung bestehen können.
Angesichts der jetzigen Flut - in Bayern ist es bereits die vierte
innerhalb von gerade einmal 14 Jahren - schrumpfen die sonstigen
politischen Probleme, über die sich Deutschlands politische Klasse so
vehement zerstreitet, auf Normalmaß. Wenn es wirklich um Leben und um
Hab und Gut geht, dann verblassen kleinliche Scharmützel um
militärische Drohnen, "Homo-Ehe", Mütterrente oder atomare
Endlagerung. Andersherum gefragt: Warum schwappt von dieser
anpackenden Zuversicht aus den Flutgebieten eigentlich nichts in die
Politik über? Die Flüsse lehren uns gerade Demut. Mehr Demut vor den
Menschen, vor den Wählern könnte auch den Parteien, könnte Regierung
wie Opposition nicht schaden. Die Menschen wollen keinen
parteitaktischen Klamauk, sondern den Streit in der Sache, vor allem
aber konkrete Lösungen, sichere Dämme, statt endlosem Palaver.
Freilich müssen auch Lehren aus der jetzigen Flut gezogen werden.
Zuerst die, dass den Betroffenen wirklich und unbürokratisch geholfen
wird. Nach 2002 und 2006 war das nicht immer und nicht überall der
Fall. Jetzt stehen die Bundeskanzlerin und der bayerische
Ministerpräsident im Wort. Ganz sicher sollte auch mit den
Versicherungsgesellschaften ernsthaft geredet werden, die zwar flott
Versicherungsprämien erhöhen, höhere Risiken allerdings so gut wie
gar nicht absichern wollen. Wenn Assekuranzen nur die Sicherheit der
Rendite ihrer Aktionäre im Auge haben, haben sie ihren Sinn
eigentlich verloren. Auch wurden Schutzmaßnahmen gegen das Hochwasser
nicht überall und nicht konsequent umgesetzt. Bayern hat zwar bereits
fast 1,5 Milliarden Euro in höhere Dämme oder größere
Überflutungsflächen investiert, der Katastrophenschutz wurde
verbessert, die Behörden von Bund, Ländern und Kommunen arbeiten
reibungsloser zusammen als noch vor elf Jahren. Das ist lobenswert
und verdient Respekt. Doch all das hat offenbar noch nicht
ausgereicht. Es braucht mehr. Und es braucht eine gerechte Teilung
der Lasten beim Hochwasserschutz. Damit etwa Passau, Deggendorf,
Regensburg, Pirna oder Grimma nicht wieder so schlimm heimgesucht
werden können, braucht es vor allem viel mehr Raum, in den Hochwasser
strömen kann. Die betroffenen Landwirte, die auf diesen Wiesen und
Feldern nichts ernten können, sondern nach der Flut sogar noch
Schäden beseitigen müssen, sollten fair entschädigt werden. Und
vielleicht braucht es auch an der einen oder anderen Stelle mehr
Tempo bei der Umsetzung notwendiger Schutzmaßnahmen. Der Einspruch
von Anwohnern gegen neue Dämme und Überflutungsflächen muss ernst
genommen werden. Aber es muss auch gelten: Das wohl begründete
Gemeinwohl geht vor. Wir sollten die Lehren der Flut endlich
beherzigen.



Pressekontakt:
Mittelbayerische Zeitung
Redaktion
Telefon: +49 941 / 207 6023
nachrichten@mittelbayerische.de


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