Westdeutsche Zeitung: Das Wahlprogramm der Union ist nur Beiwerk - Milch und Honig für die Wähler
Ein Kommentar von Hagen Strauß
Geschrieben am 18-06-2013 |
Düsseldorf (ots) - Nachdem der Union lange Zeit vorgeworfen worden
ist, sie hätte nur noch einen Programmpunkt, nämlich Angela Merkel,
haben CDU und CSU jetzt für die nächsten vier Jahre einen Katalog der
Versprechen zu Papier gebracht. Der Name der Parteivorsitzenden
taucht nur einmal auf - unter der Präambel. Das ist ein netter
Versuch der Unionsstrategen, sich in diesem Wahlkampf doch noch als
Themenparteien zu stilisieren. Bei näherer Betrachtung des Papiers
floppt dieses Unterfangen jedoch.
Es gibt einen zentralen Widerspruch, der sich durch das ganze
Wahlprogramm zieht und den die Union nicht auflöst. Zwischen 20 und
30 Milliarden Euro wollen die C-Parteien zusätzlich ausgeben für
Mütter, Kinder, Familien, Arbeitnehmer oder Verkehr. Für jeden etwas,
so wie es die Kanzlerin mag. Das ist aller Ehren wert. Nur:
Finanziert werden soll das mit Wachstum, das angeblich in den
kommenden Jahren erwirtschaftet wird und zusätzliche Steuereinnahmen
in die Kasse spült. Wohlgemerkt: soll. Denn keiner weiß
hundertprozentig, wie sich die Konjunktur weiter entwickeln wird,
zumal die Eurokrise längst noch nicht ausgestanden ist. Zugleich
spricht die Union von Haushaltskonsolidierung, sogar von
Schuldentilgung. Beides ist mit einem Programm aus Milch und Honig
nicht kompatibel, und das Beispiel der durch Schulden finanzierten
Fluthilfe belegt, wie eng die Spielräume in Wahrheit sind.
Darüber hinaus fällt noch etwas anderes auf: Den Anspruch,
Reformparteien zu sein, haben die Schwestern offenbar beerdigt. Kaum
ein Wort findet sich im Programm dazu, wie die Bereiche Gesundheit
oder Pflege weiter krisensicher gemacht werden können. Oder ob es
neuer Strukturreformen am Arbeitsmarkt bedarf. Eine Art Agenda 2020
für die nächste Legislaturperiode sucht man vergebens. Aber genau die
hätte das Land nötig. Stattdessen gefällt sich die Union lieber
selbstzufrieden in der Rolle eines reichen Onkels, der Geschenke
verteilt.
Vielleicht hat das immer noch etwas mit Merkels Erfahrungen aus
dem Wahlkampf 2005 zu tun, als sie es als knallharte Reformerin
versuchte und dafür vom Wähler abgestraft wurde. Seitdem scheut sie
das Risiko. Das Programm wird dadurch zum bloßen Beiwerk im Schatten
ihrer Person.
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