Weser-Kurier: Über den Rücktritt Matthias Platzecks schreibt der "Weser-Kurier" (Bremen) in seiner Ausgabe vom 30. Juli 2013:
Geschrieben am 29-07-2013 |
Bremen (ots) - Schon ein kurzer Blick auf Matthias Platzecks
Krankengeschichte zeigt, dass sich Brandenburgs Ministerpräsident in
den elf Jahren seiner Amtszeit gewiss niemals geschont hat: zwei
Hexenschüsse, zwei Lungenentzündungen, zweimal Probleme mit dem
eingeklemmten Ischias-Nerv, zahlreiche Grippe-Infektionen, zwei
Hörstürze, ein Nervenzusammenbruch und - vor einigen Wochen - ein
Schlaganfall. Die Warnsignale waren schon seit Langem überdeutlich.
Doch nun war die Vernunft stärker als der Durchhaltewille, stärker
als der politische Ehrgeiz. Den Tränen nahe verkündete der einstige
Hoffnungsträger der SPD seinen Rücktritt und hinterlässt damit eine
große Lücke nicht nur in der brandenburgischen Sozialdemokratie. Es
ist es eine richtige, unvermeidliche Entscheidung, die Respekt und
Anerkennung verdient. Und trotzdem bleibt da die Frage, was möglich
gewesen wäre, hätte die Natur Platzeck mit einer etwas robusteren
Gesundheit gesegnet. Als er im November 2005 Bundesvorsitzender der
SPD wurde, trauten ihm nicht wenige zu, eines Tages Bundeskanzler zu
werden. Denn Platzeck verstand es wie kaum ein anderer, als
Integrationsfigur zwischen Ost und West zu wirken. Er war nie
Bürokrat, immer voller Leidenschaft und stets mit einer gewissen
Leichtigkeit bei der Sache, die ihm viele Sympathien einbrachte. Doch
schon nach 146 Tagen an der Spitze der SPD musste der populäre
"Deichgraf", der sich bereits im Jahr 1997 als Krisenmanager während
des Oder-Hochwassers profiliert hatte, wegen gesundheitlicher
Probleme den Rückzug antreten. Er habe einfach seine Kräfte
überschätzt, sagte er damals. Diesmal hat der 59-Jährige seine Kräfte
richtig eingeschätzt und gibt das Amt des Ministerpräsidenten zur
rechten Zeit auf. Die Vorwürfe einiger Kritiker, er ziehe sich nur
zurück, um die weiteren Querelen mit dem Pannenflughafen
Berlin-Brandenburg auf jemand anderen abzuwälzen, sind unredlich.
Freilich, Platzecks Regierungszeit in Brandenburg, das inzwischen
wirtschaftlich recht ordentlich dasteht, war keineswegs frei von
Skandalen. Aber am Ende überwiegt das Gute. Und es bleibt das Bild
eines Politikers zurück, der mit Bodenständigkeit, Witz und Charme
einen ganz eigenen Stil geprägt hat.
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