Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar
Amerikas Datensammelwut
Ein Heuhaufen für die Stecknadel
DIRK HAUTKAPP, WASHINGTON
Geschrieben am 02-08-2013 |
Bielefeld (ots) - Seit den Terroranschlägen vom 11. September 2001
hat sich Amerika mit dem Stück für Stück ausgebauten
Überwachungsstaat weitgehend geräuschlos arrangiert. Widerstand gegen
die Alleswissenwoller in Regierung und Geheimdiensten regte sich nur
in homöopathischen Dosen. Selbst tiefe Eingriffe in das, was man in
Deutschland reichlich unsexy das Recht auf informationelle
Selbstbestimmung nennt, wurden klaglos bis desinteressiert
hingenommen. Das Terrortrauma nur zu erwähnen reichte schon aus, und
Bevölkerung wie Medien folgten mehrheitlich der regierungsamtlich
verordneten Güterabwägung: Beeinträchtigungen der Privatsphäre sind
hinzunehmen, wenn so das geliebte "Homeland" vor Unheil geschützt
wird. Und anders als bei Vorgänger Bush gingen viele Amerikaner davon
aus, dass sich unter der Amtsführung Barack Obamas, eines ehemaligen
Rechtsgelehrten aus Harvard, keine Unschuldigen in den immer dichter
gewebten Überwachungsnetzen verfangen. Seit Edward Snowden der Welt
die Augen dafür geöffnet hat, wie die Dinge wirklich stehen, ist der
Vertrauensvorschuss für Obama dahin. In Umfragen deutet sich ein
radikaler Stimmungsumschwung an. Dem Sicherheitsapparat wird mit
Argwohn und Ablehnung begegnet. Im verfeindeten Kongress marschieren
Republikaner und Demokraten plötzlich Hand in Hand gegen die
Regierung. US-Geheimdienste saugen wie ein riesiger Staubsauger alles
auf. Getreu der Direktive ihres Chefs, General Keith Alexander,
wonach erst ein Heuhaufen erzeugt werden muss, um die Stecknadel
darin zu suchen. So entsteht in abgeschiedenen
Hochsicherheits-Server-Fabriken ein digitales Mega-Archiv
menschlicher Kommunikation. Jederzeit abrufbar, um das Individuum im
Verdachtsfall zu entblößen, schonungsloser als ein Körperscanner am
Flughafen. Doch Amerikas Führung will ihr absurdes, weltumspannendes
Kontrollprogramm nicht offen diskutieren, aus Sorge, dass die Bürger
im "Land der Freien" das groteske Missverhältnis zwischen Aufwand und
Ertrag erkennen. Der Vize-Chef des Auslandsgeheimdienstes NSA hat
gerade im parlamentarischen Verhör eingeräumt, dass nur in einem
einzigen Fall die angewandte Spähmethodik substanziell einen
möglichen Anschlag verhindert hat. Dafür wurden mit Milliardenaufwand
Abermillionen Daten unbescholtener Menschen gesichert und eine
Anti-Terror-Industrie gezüchtet, die den Wald vor lauter Bäumen nicht
mehr sieht. Das Versagen der Behörden beim Anschlag auf den
Boston-Marathon entlarvt die Vorratsdatenmanie. Die Täter waren lange
bekannt. Ob das Rad zurückgedreht und der von den Geheimdiensten
erzeugte Nebel vertrieben wird, ist ungewiss. Entscheidend wird die
Lernkurve des Weißen Hauses sein. Obamas Vorbild Abraham Lincoln
wüsste, was zu tun ist: "Man kann alle Menschen für kurze Zeit
täuschen, man kann einige für immer täuschen, aber man kann nicht
alle für immer täuschen."
Pressekontakt:
Neue Westfälische
News Desk
Telefon: 0521 555 271
nachrichten@neue-westfaelische.de
Kontaktinformationen:
Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.
Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.
Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.
http://www.bankkaufmann.com/topics.html
Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.
@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf
E-Mail: media(at)at-symbol.de
478074
weitere Artikel:
- WAZ: Merkels Sommermärchen. Kommentar von Christian Kerl Essen (ots) - Da wird auch die Kanzlerin staunen: Noch im Mai war
eine klare Mehrheit der Deutschen unzufrieden mit ihrer Regierung und
wollte einen Wechsel. Jetzt ruht die Bundespolitik, Angela Merkel und
ihr Kabinett sind im Urlaub - und die Umfragen schießen nach oben: So
zufrieden waren die Bürger noch nie mit Schwarz-Gelb. Deutschland
geht es wirtschaftlich gut. Und jetzt erlebt das Land sogar noch
einen Traumsommer. Auch wenn die Koalition für das eine gar nicht,
für das andere kaum verantwortlich ist - es reicht schon, wenn der mehr...
- WAZ: Wohin die Steuern fließen. Kommentar von Theo Schumacher Essen (ots) - Erst kommt die Steuerhinterziehung, dann kommt die
Moral: In seinem Kampf gegen einen Betrug, der den Staat jedes Jahr
hohe Milliardensummen kostet, ersinnt der NRW-Finanzminister einen
weiteren Dreh, um sein Spezialthema zu präsentieren. An medialem
Geschick fehlt es dem früheren Rau-Sprecher nicht. Die Idee, dem
Steuerzahler tieferen Einblick zu geben, was das Land mit seinen
Euros macht, ist nicht revolutionär, aber hochaktuell. Wo
Steuereinnahmen in Rekordhöhe fließen und Schuldenberge gigantisch
hoch sind, wächst mehr...
- DER STANDARD - Kommentar: "Die Freiheit schwindet" von Alexandra Föderl-Schmid "Die Europäer müssen das Grundrecht auf Datenschutz in den USA
durchsetzen" (Ausgabe vom 3/8/2013)
Wien (ots) - Jeden Tag wird klarer, warum die USA die Enthüllungen
von Edward Snowden fürchten. Diese Woche wurde bekannt, dass
Mitarbeiter des US-Geheimdienstes NSA auf E-Mails, Facebook-Chats und
Browserverläufe zugreifen können - auch in Echtzeit. Es werden so
viele Daten gesammelt, dass der Speicherplatz auf den NSA-Servern
nicht ansatzweise ausreicht. Am Freitag informierten Süddeutsche
Zeitung und NDR unter Berufung auf Dokumente, mehr...
- Mitteldeutsche Zeitung: zu Fluthilfe Halle (ots) - Reiner Haseloff (CDU) hätte es sich leicht machen
können. Mit Verweis auf die staatliche Flut-Milliardenhilfe hätte
sich der Ministerpräsident werbewirksam an die Brust schlagen
können: Seht her, wenn Not herrscht, wird die Regierung immer für
euch da sein. Stattdessen mahnt er, möglichst eine Flut-Versicherung
abzuschließen. Weil es kaum noch einmal eine so große staatliche
Hilfe geben werde. Das muss man ernst nehmen. Zwar wird es sich nie
ein deutscher Politiker leisten können, achselzuckend in eine
TV-Kamera zu mehr...
- Mitteldeutsche Zeitung: zu Italien Halle (ots) - Neuwahlen will vorerst keiner. Berlusconi nicht,
weil mit ihm nun auch seine Partei politisch schwer angeschlagen ist.
Die Linke nicht, weil sie zerstritten ist und ein offenkundiges
Führungsproblem hat. Und auch die Bewegung der Fünf Sterne des
Komikers Beppe Grillo nicht, die bei der Wahlen zur Camera, der
großen Kammer des Parlaments, überraschend am meisten Stimmen
erzielte, bei der Kommunalwahl drei Monate später aber die Hälfte
ihrer Wähler schon wieder verlor. Italien wird sich also vermutlich
politisch erst mehr...
|
|
|
Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten
Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:
LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre
durchschnittliche Punktzahl: 0 Stimmen: 0
|