DER STANDARD - Kommentar - "Der Standort braucht Pflege" von Eric Frey
Geschrieben am 23-08-2013 |
Nicht SP-Steuerpläne, die verkorkste Bildungspolitik gefährdet
Österreichs Zukunft - Ausgabe vom 24.8.2013
Wien (ots) - Es gibt wohl einen guten Grund, warum Christoph Leitl
seit 13 Jahren die Wirtschaftskammer leitet, aber nie in die
Regierung gewechselt ist. Seine markigen Sprüche eignen sich zwar für
Stimmungsmache, aber einer nüchternen Überprüfung halten sie oft
nicht stand. Auch diesmal: Der Wirtschaftsstandort Österreich ist
nicht, wie Leitl sagt, "abgesandelt". Das kann sein Parteichef
Michael Spindelegger noch so laut schönreden. Österreich hat in den
internationalen Rankings seit 2007 tatsächlich einige Plätze
verloren. Aber erstens sind diese Ranglisten keine exakte
Wissenschaft, und zweitens hat dieser Rückgang zumeist mit Faktoren
zu tun, die außerhalb der politischen Kontrolle liegen: die Eurokrise
und das matte Wachstum in Mittel- und Osteuropa, von wo vor einigen
Jahren viel stärkere Impulse für die heimische Wirtschaft kamen als
heute. Österreichs Standortqualitäten haben sich im vergangenen
Jahrzehnt nicht entscheidend geändert: Das Land bietet Investoren
immer noch eine ausgezeichnete Infrastruktur, hervorragende
Qualifikationen und eine hohe Rechtssicherheit. Doch hier zu
produzieren ist teuer - als Folge relativ hoher Gehälter, happiger
Steuern und einer ganzen Fülle strikter Regulierungen zum Schutz von
Arbeitnehmern und der Umwelt. Aber man muss kein großer Experte sein,
um zu begreifen, dass diese Stärken rasch verlorengehen, wenn sie
nicht gepflegt werden. Und diese politische Pflege, da haben Leitl
und andere Wirtschaftsvertreter recht, die ist bestenfalls
halbherzig, in manchen Bereichen fahrlässig schlecht. Vor allem in
der Bildung - an den Schulen und den Universitäten - wird das
menschliche Kapital, der größte Vermögenswert des Landes, in Bezug
auf die kommende Generation vernachlässigt. Das bekommen auch die
Unternehmen zu spüren, die trotz steigender Arbeitslosigkeit über
Fachkräftemangel klagen. Man muss es zwar der Wirtschaftskammer
und der Industriellenvereinigung zugutehalten, dass sie seit Jahren
Änderungen in der Bildungspolitik fordern - wenn auch ohne Erfolg.
Doch in den jetzigen Ansagen geht dieser Aspekt der
Standortdiskussion völlig verloren; denn der würde - gerade beim
Thema Schulen - auch eine Prise Selbstkritik erfordern. Stattdessen
verrennen sich Leitl, Spindelegger & Co in die absurde These, wonach
die SP-Rufe nach Vermögenssteuern die Unternehmen verscheuchen. Zwar
klagen Wirtschaftsleute gerne über die - tatsächlich hohen -
Sozialabgaben und Steuertarife. Aber die Angst vor der
"Faymann-Steuer" ist eine Wahlkampfmär. Nüchtern betrachtet ist auch
die bestehende Steuerlast nicht Österreichs Hauptproblem. In
Schweden, das Leitl als Vorbild rühmt, ist sie höher. Das Problem
ist, dass die eingehobenen Gelder nicht gut genug verwendet werden;
zu viel davon versickert in Frühpensionen und in der föderalistischen
Verwaltung. Da bleibt zu wenig für die kritischen Standortfaktoren
Hochschulen und Forschung übrig. Deshalb ist die jetzt von der ÖVP
eröffnete Standortdiskussion eine vergebene Chance; im Wahlkampf
fliegen nur gegenseitige Beschimpfungen statt Argumente. Der richtige
Zeitpunkt wäre nach der Wahl, bei der Ausverhandlung eines neuen
Regierungsprogrammes. Doch wenn in den kommenden fünf Jahren erneut
so wenige Vorhaben umgesetzt werden wie in den vergangenen, dann
könnten Leitls Warnungen doch noch wahr werden.
Rückfragehinweis:
Der Standard, Tel.: (01) 531 70/445
Digitale Pressemappe: http://www.ots.at/pressemappe/449/aom
*** OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER
INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS - WWW.OTS.AT ***
Kontaktinformationen:
Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.
Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.
Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.
http://www.bankkaufmann.com/topics.html
Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.
@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf
E-Mail: media(at)at-symbol.de
481491
weitere Artikel:
- Mitteldeutsche Zeitung: zum BIP Halle (ots) - Die Sektkorken sollten aber noch nicht knallen. Die
Wirtschaftslage in der Euro-Zone hat sich bloß stabilisiert, ein
echter Aufschwung ist nicht zu erwarten. Die Konjunktur in
Frankreich, Deutschlands wichtigstem Handelspartner, bleibt ein
Wackelkandidat. Zudem stehen viele Fragezeichen hinter den für
Deutschland so wichtigen Schwellenländern. Dort ziehen Anleger
massenhaft Kapital ab, was die Währungen von Indien und Brasilien
fallen lässt. Bevor deutsche Unternehmen wieder mehr Geld in die Hand
nehmen und investieren, mehr...
- Berliner Zeitung: Kommentar zu den hohen Staatseinnahmen Berlin (ots) - Nicht die Regierung hat den Aufschwung produziert,
sondern der Aufschwung produziert gute Umfrageergebnisse für sie. Sie
kann sich zurücklehnen; sie steht nicht unter Handlungsdruck und kann
Kontinuität versprechen. Die Stärke der deutschen Unternehmen nährt
das Gefühl in der Bevölkerung, wieder "wer zu sein" in Europa und
stützt die deutsche Macht, die Merkel repräsentiert. Diese Kanzlerin
muss sich nicht rechtfertigen. Zwar ist da noch die Euro-Krise. Doch
die findet im Ausland statt.
Pressekontakt:
Berliner mehr...
- Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu Finanzminister Schäuble Bielefeld (ots) - Noch 29 Tage bis zur Wahl und was ist die
politische Erkenntnis der Woche? Wolfgang Schäuble ist Angela Merkels
bester Mann. Wer solche Zahlen vorweisen kann, hat bei seinen
Kundgebungen auf den Marktplätzen und im Gespräch mit den Bürgern
eine Sorge weniger. Mitten in der Euro-Schuldenkrise erzielt der
Staat den höchsten Überschuss in einem Halbjahr seit fast 13 Jahren.
Die gute Konjunktur und eine Beschäftigung auf Rekordniveau lassen
die Steuern sprudeln. Dazu sind die Sozialausgaben extrem niedrig.
Kurz: Nicht mehr...
- Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu Ägypten und die Folgen Bielefeld (ots) - Wenn eine Armee gegen intolerante
Religionsanhänger kämpft, haben Demokratie und Menschenrechte kaum
eine Chance. Das gilt derzeit in Ägypten, wo sich Soldaten und
Islamisten gegenseitig umbringen. Und das galt zu anderen Zeiten zum
Beispiel in der Türkei, in Algerien, Syrien, Pakistan, der
indonesischen Provinz Aceh und sogar im Irak. Und schon demnächst
könnte es wieder in Afghanistan, Pakistan und Bangladesch heißen: Wer
nicht für mich ist, ist gegen mich und verdient - Menschenrechte hin,
Menschenrechte her - mehr...
- Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Thema: "Zu viele Operationen in Deutschland" Bielefeld (ots) - Wahrscheinlich ist unser System der gesetzlichen
Krankenkassen für Patienten das beste der Welt. Neue Hüfte, neues
Knie - alles wird bezahlt. Das weckt Begehrlichkeiten. Etliche der
ständig unterfinanzierten Krankenhäuser nutzen offenbar überflüssige
Eingriffe, um so das Geld zu beschaffen, das sie auf anderem Weg
nicht bekommen. Ein Herzkatheterlabor zum Beispiel ist teuer und
will refinanziert werden. Wohl auch deshalb werden bei uns so viele
Menschen katheterisiert wie in keinem anderen Land. Die Zahlen
steigen mehr...
|
|
|
Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten
Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:
LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre
durchschnittliche Punktzahl: 0 Stimmen: 0
|