Lausitzer Rundschau: Der Atem alter Dokumente
Doktorarbeiten aus der Stasi-Hochschule gehören an die Öffentlichkeit
Geschrieben am 15-11-2013 |
Cottbus (ots) - Geschichte atmet und wird lebendig immer dann,
wenn sie aufgearbeitet, diskutiert und bewertet wird. Mit der
Forderung nach Überprüfung der Doktorarbeiten früherer
Stasi-Funktionäre haben die Grünen ein Thema in die Öffentlichkeit
gebracht, das bislang noch nicht besonders viel Aufmerksamkeit
bekommen hat. Zweifellos ein Verdienst. Überprüfung von
Doktorarbeiten hat es in Deutschland in den vergangenen Jahren
zahlreiche gegeben. Meist standen prominente Politiker im Fokus. Dem
Ex-Minister zu Guttenberg wurde der Doktorgrad 2011 aberkannt. Sein
Vergehen: Er schmückte sich mit fremden Federn, gab Denkleistungen
anderer Wissenschaftler als eigene aus. Der Vorstoß der Grünen hat
einen ganz anderen, nämlich politischen Hintergrund, aber
vordergründig geht es auch hier um Minderleistungen. Einige Arbeiten
hätten gerade mal das Niveau von Abiturarbeiten, heißt es. Auf gut
Deutsch lautet der Vorwurf: "Verdiente" Stasi-Leute bekamen ihren
Doktor geschenkt. Ginge es nach den Grünen, würden diese Titel den
heutigen Trägern wieder aberkannt. So einfach ist das aber nicht.
Akademische Titel aus der DDR sind durch den Einigungsvertrag
geschützt. Es wäre fatal, Inhalte dieses Vertrags im Nachhinein
infrage zu stellen. Es würde vielleicht auch gar keinen Sinn machen,
denn Bewertungssysteme sind der jeweiligen Zeit und den Umständen
unterworfen. Ein Doktorand der Stasi-Hochschule in Potsdam richtete
sich nach den Anforderungen des jeweiligen Doktor-Vaters und erfüllte
sie auch - das ist ein grundlegender Unterschied zu den Betrügereien
jener, die Fremdes als Eigenes ausgaben. Inwieweit die
Stasi-Wissenschaftler ihren Titel verdient haben, und ob ihre
"wissenschaftlichen" Mühen moralisch verwerflich sind oder nicht,
darüber mag jeder, der sich ausreichend informiert fühlt, selbst
urteilen. Dafür braucht er aber die Information. Umso schwerer zu
verstehen ist, dass so lange niemand auf die Idee kam, sich mit dem
Thema zu beschäftigen. So blieben die Arbeiten unter Verschluss.
Verschluss befördert das Vergessen, Vergessen verhindert die
Auseinandersetzung mit der Vergangenheit, und die verhinderte
Vergangenheitsaufbereitung wiederum versperrt den Blick in die
Zukunft. Peer Jürgens, Landtagsabgeordneter der Linken in
Brandenburg, findet, dass es "größere Probleme" gibt, womit er wohl
ausdrücken will, dass es sich um ein Nebenthema handelt. Weit
gefehlt: Gerade in einer Zeit, wo sich die Welt Gedanken über
Massenüberwachung und Massenbespitzelung macht, sollten sich vor
allem Politiker Gewissheit über das Vergangene verschaffen, um sich
für das Zukünftige klar positionieren zu können. 
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Lausitzer Rundschau
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