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WAZ: Die SPD darf ihre Mitglieder fragen - Kommentar von Ulrich Reitz

Geschrieben am 03-12-2013

Essen (ots) - Geht so ein Mitgliederentscheid in Ordnung? Sollen
Mitglieder einer Partei, der SPD, den Willen der Wähler verändern
können? Ist das überhaupt rechtlich erlaubt? Passt das zum Prinzip
der repräsentativen Demokratie in Deutschland?

Mit dem Wählerwillen ist das so eine Sache. Was die Wähler am 22.
September gewollt haben, ist Interpretationssache. 1969 ging
Kiesinger als Kanzler ins Bett und wachte als Oppositionsführer auf.
Entscheidend dafür war nicht die Abstimmung, sondern die Entscheidung
der FDP, mit der SPD zu koalieren. 1976 reichten Kohl nicht einmal
seine knapp 48 Prozent, um die sozialliberale Koalition abzulösen.
Merkels 41,5 Prozent sind nichts wert, wenn sie keinen
Koalitionspartner findet. Wer will angesichts der mathematischen
Möglichkeit einer rot-rot-grünen Koalition von klarem Wählerwillen
reden? Wenn aber nicht eindeutig ist, was die Wähler gewollt haben,
kann man den Mitgliedern der SPD auch nicht vorhalten, deren Votum zu
verfälschen.

Gesetze werden im Bundestag gemacht. Die Abgeordneten sind frei.
Die Wähler wählen aber nicht nur Abgeordnete, sondern mit ihrer
zweiten Stimme auch Parteien. Alle Parteien leiten daraus ein Recht
zur Mitsprache ab. Am Montag entscheidet die CDU über den
Koalitionsvertrag - auf einem kleinen Parteitag. Bei der CSU sind
dafür der Parteivorstand und die CSU-Landesgruppe zuständig. Bei der
SPD sind es eben die Mitglieder. Wer den Einfluss von Parteien auf
Regierungen zu groß findet, muss ihn für alle Parteien abschaffen. Ob
Parteigremien oder Parteimitglieder entscheiden, macht nicht den
ausschlaggebenden Unterschied.

Mitgliederentscheidungen über Koalitionsverträge sind legal und
legitim. Ein Patentrezept sind sie nicht. Die SPD-Mitglieder hätten
kaum Schröders Agenda abgenickt. Oder die Rente mit 67.
Mitgliederentscheide können vernünftige Entscheidungen verhindern.
Die Alternative zum Mitgliederentscheid heißt: Führung. Aber ohne den
Mitgliederentscheid hätte Gabriel gar nicht erst den Auftrag
behalten, die SPD zu führen, schon gar nicht in eine Große Koalition.
Deshalb findet er ja statt. Der Mitgliederentscheid war Gabriels
Lebensversicherung. Er ist sein größtes Risiko.



Pressekontakt:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: 0201 - 804 6519
zentralredaktion@waz.de


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