stern.de: Jeder vierte ostdeutsche Abgeordnete im neuen Bundestag stammt eigentlich aus dem Westen
Geschrieben am 06-12-2013 |
Hamburg (ots) - Nach Recherchen von stern.de stammen
überproportional viele ostdeutsche Bundestagsabgeordnete aus den
alten Bundesländern. Insgesamt sind 24 von 103 in Ostdeutschland
vergebenen Mandaten eigentlich an Zuzügler aus dem Westen gegangen,
hinzukommen noch mehrere Abgeordnete in Ost-Berliner Wahlkreisen.
Schon vor der Wahl hatte der langjährige Bundestagspräsident
Wolfgang Thierse (SPD) in einem Interview mit der "Zeit" beklagt,
dass die Zahl der Ostdeutschen im Parlament wohl weiter abnehme.
Schon die Kandidaten im Osten, so Thierse, seien in allen Parteien
häufig Westdeutsche. Er selbst trat nicht mehr an, dafür rangelten
stern.de zufolge gleich vier zugezogene SPD-Leute um seinen
ehemaligen Ostberliner Wahlkreis Pankow.
Auch in anderen Teilen Ostdeutschlands scheinen die Parteien wenig
politische Talente unter den Einheimischen zu finden. In einem
Wahlkreis in Spreewald trafen im Wahlkampf etwa eine aus Lörrach
stammende Kauffrau für die FDP, eine Münchner Rechtsanwältin für die
SPD und ein grüner Architekt, ebenfalls aus München, aufeinander. Im
Wahlkreis Leipzig Nord setzte sich eine Steuerberaterin, die aus
Bayern zugezogen ist, gegen einen Piraten aus Stuttgart und einen
FDP-Kandidaten aus Oberfranken durch.
Der Politikwissenschaftler Werner J. Patzelt von der Universität
Dresden sieht eine Ursache für das Phänomen unter anderem in der
Zurückhaltung ehemaliger DDR-Bürger, sich parteipolitisch zu
engagieren: Die Mitgliedschaft in Parteien - bezogen auf die
erwachsene Bevölkerung - sei im Osten immer noch um rund die Hälfte
geringer als im Westen, was aktiven Mitgliedern vor Ort besonders
gute Aufstiegschancen verschaffe. "Und wer sich als Zugezogener
parteipolitisch betätigt, ist in der Regel auf Aktivität aus", sagte
so Patzelt stern.de. Nach seiner Einschätzung würde das aber auch gar
nicht weiter auffallen, wenn sie beispielsweise von Neubrandenburg
und nicht von Esslingen nach Zwickau gezogen wären.
Die Meldung ist nur mit der Quellenangabe stern.de frei.
Pressekontakt:
stern-Redakteur Holger Witzel, Tel. 030 - 2022 4236
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