Aachener Zeitung: Kommentar
Fingerzeig, nicht mehr
Lassen Sie uns die Koalition an ihren Taten messen
Amien Idries
Geschrieben am 09-12-2013 |
Aachen (ots) - Was haben die Laufzeitverlängerung für
Atomkraftwerke, Steuerentlastungen von 24 Milliarden Euro und die
Verkürzung des Wehrdienstes auf sechs Monate gemeinsam? Sie alle
standen schwarz auf weiß im Koalitionsvertrag, der am 26. Oktober
2009 von Angela Merkel, Horst Seehofer und Guido Westerwelle
unterschrieben wurde, haben aber alle nie oder nur kurzfristig das
Licht der Welt erblickt. Ob man das nun gut oder schlecht findet, tut
hier nichts zur Sache. Es dient lediglich als Hinweis darauf, dass
der viel diskutierte schwarz-rote Koalitionsvertrag nicht 1:1
umgesetzt wird. Das hat nichts damit zu tun, dass CDU, CSU und SPD
besonderen Spaß am Vertragsbruch haben, sondern liegt in der Natur
von solchen Vereinbarungen. Kompromissbereitschaft steigt Sie tragen
zwar den Namen Vertrag, sind aber nichts weiter als
Absichtserklärungen. In der Dynamik der Regierungsfindung dienen sie
Parteien, die sich bis zum Wahltermin politisch bekämpft haben, dazu,
sich langsam einander anzunähern. Das ist im Fall von Union und SPD
besonders diffizil, weil es drei zentrale Wahlversprechen gab (CDU:
keine Steuererhöhungen, SPD: Mindestlohn, CSU: Pkw-Maut), die alle
gesichtswahrend eingebaut werden mussten. Die Vertrags-Botschaft geht
weniger an den politischen Gegner oder das gesamte Wahlvolk, als
vielmehr an die eigene Basis: "Seht her, wir haben zentrale Themen
durchgesetzt. Klar, die eine oder andere Kröte mussten wir schlucken,
aber insgesamt ist das ein verdammt
sozialdemokratisches/christdemokratisches/christsoziales
(Nichtzutreffendes bitte streichen) Programm." "Die Wahlgeschenke
sind doch ohne Steuererhöhungen nicht zu finanzieren", mag nun der
eine denken. "Der flächendeckende Mindestlohn vernichtet
Arbeitsplätze", der andere. Die Maut finden sowieso fast alle
außerhalb Bayerns "bekloppt". Wie also soll es weitergehen?
Erfahrungsgemäß steigt die Kompromissbereitschaft mit der zeitlichen
Ferne zum Wahltag. Ganz einfach, weil die Gefahr, als Umfaller
beschimpft zu werden, von Tag zu Tag sinkt. Die wenigsten Vorhaben
der großen Koalition sind also in Stein gemeißelt. Vor allem, weil
man gewisse Dinge selbst beim besten Vertrag nicht berücksichtigen
kann: neue Entwicklungen, unvorhersehbare Ereignisse. Das größte
Vorhaben der letzten Jahre im Innenressort beispielsweise - die
Reform der Sicherheitsbehörden - wurde durch die Aufdeckung der
NSU-Morde ausgelöst, die beim Vertragsschluss 2009 kein Koalitionär
auf der Rechnung gehabt haben dürfte. Auch zum NSA-Skandal, dem
Arabischen Frühling oder den Protesten in der Ukraine findet man im
schwarz-gelben Vertrag keinen Satz. Auch in Zukunft wird es
Entwicklungen geben, die man sich derzeit noch nicht vorstellen kann,
auf die die Koalition aber reagieren muss. Machen wir also den
Koalitionsvertrag nicht größer als er ist. Er ist ein Fingerzeig,
sicherlich; aber bislang haben die Großkoalitionäre noch kein
einziges Gesetz verabschiedet. Lassen Sie uns die Koalition nicht nur
an ihren Absichten messen, sondern vor allem an ihren Taten. Damit
dürften wir genug zu tun haben. a.idries@zeitungsverlag-aachen.de
Pressekontakt:
Aachener Zeitung
Redaktion Aachener Zeitung
Telefon: 0241 5101-389
az-blattmacher@zeitungsverlag-aachen.de
Kontaktinformationen:
Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.
Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.
Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.
http://www.bankkaufmann.com/topics.html
Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.
@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf
E-Mail: media(at)at-symbol.de
501461
weitere Artikel:
- neues deutschland: Dreckige Profite und geheime Bürgschaften: Einsicht für die Klarheit¶ Berlin (ots) - Was hat die Bundesregierung zu verheimlichen? Das
kann man sich bei der Klage von Menschenrechtsorganisationen wie
Amnesty Internationale auf mehr Transparenz über Menschrechtsschutz
bei der Vergabe von sogenannten Hermes-Bürgschaften fragen. Denn es
besorgt, dass Berlin die Informationen nicht freiwillig herausrücken
will. Schaut das Wirtschaftsministerium etwa nicht so genau hin, wenn
deutsche Unternehmen bei Großprojekten in Schwellenländern für ihre
Profite die Menschenrechte mit Füßen treten? Oder unterstützt das mehr...
- Westfalenpost: Klitschkos schwerster Kampf
Von Joachim Karpa Hagen (ots) - Der Sturz der 3,50 Meter hohen Statue des
sowjetischen Revolutionsführers Lenin in Kiew mag für die
Demonstranten ein Triumph gewesen sein. Ein symbolisches Zeichen für
das Ende der Amtszeit des verhassten Präsidenten Viktor Janukowitsch
ist es nicht. Freiwillig wird er nicht zurücktreten. Ein Dialog mit
ihm scheint unmöglich. Signalisiert er auf der einen Seite
Gesprächsbereitschaft, gehen auf der anderen Seite Sicherheitskräfte
massiv gegen die Opposition vor.
Auch wenn die jüngste Protestwelle eine Dimension mehr...
- Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zur CDU Bielefeld (ots) - Die CDU hat gestern den Koalitionsvertrag
strittig diskutiert, aber am Ende einstimmig angenommen. 20 der 30
Wortmeldungen klangen ablehnend, zur Enthaltung rangen sich
allerdings gerade zwei Delegierte durch. Ist die CDU also doch ein
Kanzlerwahl- und -stützverein? In diesen Wochen auf jeden Fall. Vor
der Wahl setzte Merkel im Alleingang Mietpreisbremse, Mütterrente und
Mindestlohn auf die CDU-Agenda. Mitsprache gab es mangels
Wahlparteitag nicht. Nach dem 22. September wurde intern über alles,
nach außen über mehr...
- Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu Olympia ohne Gauck Bielefeld (ots) - Schweigen und Fernbleiben können auch eine
Haltung sein. Joachim Gauck hat nicht begründet, warum er die
Olympischen Spiele im russischen Sotschi nicht besuchen will. Muss
der Bundespräsident auch nicht. Denn zwingen lässt sich das
Staatsoberhaupt nicht. Es hätte dem Bundespräsidenten aber gut zu
Gesicht gestanden, die Dinge beim Namen zu nennen. Gaucks
Lieblingsthemen sind doch Freiheit und Menschenrechte. Damit ist es
unter dem Kremlherrn Wladimir Putin schlecht bestellt. Wie die
Staatsmacht in Moskau mit Minderheiten, mehr...
- Westfalenpost: Mehr Qualität
Von Wilfried Goebels Hagen (ots) - Die qualitativen Anforderungen an die
Kindertagesstätten (Kitas) steigen ständig - Betreuung und Bildung
gehören beim Ausbau der U3-Plätze für Kleinkinder untrennbar
zusammen. Damit sich Erzieher gezielt um ihre originäre Aufgabe
kümmern können, müssen sie von fachfremden Aufgaben entlastet werden.
Die geplante Reform des Kinderbildungsgesetzes in Nordrhein-Westfalen
schafft Freiräume für Erzieher, indem Haushaltshilfen den Fachkräften
im Berufsalltag zur Hand gehen.
Die Zahlung von Personalpauschalen eröffnet den mehr...
|
|
|
Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten
Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:
LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre
durchschnittliche Punktzahl: 0 Stimmen: 0
|