Neue OZ: Kommentar zu Europa / Migration / Flüchtlinge
Geschrieben am 18-12-2013 |
Osnabrück (ots) - Europa hat kein Konzept
Hilflose Menschen müssen sich auf Befehl der Staatsgewalt im
Freien nackt ausziehen. Sie werden wie Vieh mit einem Mittel gegen
Krätze abgespritzt, ihre Kleidung landet auf einem großen Haufen. Was
sich im Flüchtlingslager auf der Insel Lampedusa abspielt, weckt
Erinnerungen an das dunkelste Kapitel des 20. Jahrhunderts. Kaum
anders müssen sich Juden bei ihrer Ankunft im KZ gefühlt haben.
Dass nun sowohl die italienische Regierung als auch die
Europäische Union von untragbaren Zuständen und Fehlverhalten der
Verantwortlichen sprechen sowie Aufklärung der schikanösen
Verhältnisse verlangen, ist das Mindeste. Das reicht aber nicht. Auch
die Drohung Brüssels, Gelder zur Unterstützung der italienischen
Behörden einzufrieren, löst die grundsätzliche Problematik nicht.
Europa hat seit Jahren kein schlüssiges Konzept, wie es auf die
ansteigenden Flüchtlingsströme aus Afrika und Asien reagieren soll.
Stattdessen wird reflexartig die Abschottung etwa durch das
Überwachungssystem Eurosur verstärkt. Das aber hilft den Staaten an
den EU-Rändern kaum: Denn wer zum Beispiel in Deutschland Asyl
beantragt, aber über Italien, Polen oder Griechenland eingereist ist,
wird dorthin zurückgeschickt. Europa muss langfristig Strategien
entwickeln, die den Menschen in Krisenregionen Anreize bieten, in
ihrer Heimat zu bleiben. Wer dennoch sein Leben für Europa riskiert,
muss menschenwürdig behandelt werden.
Marcus Tackenberg
Pressekontakt:
Neue Osnabrücker Zeitung
Redaktion
Telefon: +49(0)541/310 207
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