Badische Zeitung: Korruptionsskandal in der Türkei: Viele Defizite
Kommentar von Annemarie Rösch
Geschrieben am 26-12-2013 |
Freiburg (ots) - Es ist schlecht bestellt um die
Rechtsstaatlichkeit in der Türkei: Da muss der Regierungschef das
halbe Kabinett austauschen, weil etliche seiner Minister offenbar
korrupt waren. Das zeichnet ein miserables Bild einer Regierung, die
einst angetreten war, die Korruption zu bekämpfen. Doch auch die
Justiz, die dieses Verfahren angestoßen hat, ist nicht über alle
Zweifel erhaben. Wenn auch Erdogans Geraune über einen Komplott
übertrieben erscheinen mag, so spricht vieles dafür, dass die
konzertierte Aktion nicht allein um der Sache willen geschah,
sondern um eine unliebsame Regierung zu Fall zu bringen. Alle diese
undurchsichtigen Vorgänge zeigen, wie schlecht die demokratischen
Institutionen funktionieren. Das Land bräuchte also dringend einen
Neuanfang, um aus der Krise herauszufinden. Doch selbst vorgezogene
Wahlen wären noch kein Garant für einen Wandel. Denn eine weitere
Schwäche der türkischen Demokratie ist, dass es der Opposition in
der Erdogan-Ära nicht gelungen ist, eine starke Alternative zu
entwickeln. Die rechtsradikale MHP ist für viele Türken nicht
wählbar. Die größte Oppositionspartei CHP orientiert sich an den
kemalistischen Idealen der Vergangenheit, kann aber die jungen
modernen Türken, die vergangenes Frühjahr gegen Erdogan auf die
Straße gingen, nicht an sich binden. Und eine alternative Partei ist
nirgends in Sicht. Die Türkei hat also noch einen langen Weg vor
sich, um eine moderne Demokratie zu werden.
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