Börsen-Zeitung: Sekt für alle, Leitartikel zum Jahreswechsel, Von Claus Döring
Geschrieben am 30-12-2013 |
Frankfurt (ots) - "The same procedure as last year, Miss Sophie?",
fragt Butler James im Silvester-Klassiker "Dinner for One", den der
Norddeutsche Rundfunk vor 50 Jahren produziert hat und der seither
nicht nur in Deutschland jedes Jahr an Silvester Millionen
TV-Zuschauer erfreut. Miss Sophies Antwort "The same procedure as
every year, James" ist zum geflügelten Wort geworden und der
18-Minuten-Film zur beliebten Persiflage-Vorlage, zum Beispiel mit
Bundeskanzlerin Angela Merkel als Miss Sophie und Nicolas Sarkozy
oder auch Peer Steinbrück als Butler James. Für die diesjährige
Neubesetzung empfiehlt sich EZB-Präsident Mario Draghi in der Rolle
des Butlers oder wahlweise - auch um der Gleichbehandlung der
Geschlechter zu entsprechen - die künftige US-Notenbankchefin Janet
Yellen als Butler und Barack Obama als Miss Sophie. Denn seit
Ausbruch der Finanzkrise vor sechs Jahren spendieren die Notenbanken
in vorauseilendem Gehorsam jedes Jahr aufs Neue Liquidität ohne Ende
und versetzen die Finanzmärkte mit diesem "Sekt für alle" in den
Rauschzustand.
Wer's nicht glaubt, möge einmal die Kursentwicklung an den
Aktienmärkten seit dem Jahr 2009 mit den Wachstumsraten des
Bruttoinlandsprodukts in den USA, in Europa oder auch in Deutschland
vergleichen. Beispiel Dax: Trotz Banken- und Finanzkrise kletterte er
im Jahr 2009 um 24%, im Jahr 2010 um 16%. Auf den Rücksetzer um 15%
im Jahr 2011 infolge der Zuspitzung der Staatsschuldenkrise folgten
dank der fortwährend nachschenkenden Notenbanken wieder zwei
berauschende Jahre: 2012 ein Plus von 29% und 2013 eines von 26%.
Das dürfte zunächst so weitergehen. Weder die europäische
Zentralbank noch die Fed werden ihre ultralockere Geldpolitik
beenden, denn das sogenannte Tapering bedeutet ja nur ein etwas
geringeres Volumen der Anleiheaufkäufe. Oder um im Bilde zu bleiben:
Wer schon so stark Schlagseite hat wie die Fed, deren Bilanzsumme
sich seit Ausbruch der Krise auf nunmehr 4 Bill. Dollar vervierfacht
hat, kann irgendwann das Glas nicht mehr ganz so vollmachen.
Ihre Verführung zum Komasaufen rechtfertigen die Notenbanken vor
allem mit einem Argument: Die Verbraucherpreise seien doch stabil,
die Inflationsrate deutlich unterhalb der Zielmarke von 2%. Völlig
ausgeblendet wird die von der Liquiditätsflut angetriebene Inflation
der Vermögenspreise, die sich nicht nur an den Aktienmärkten
niederschlägt. Die Luft, die bei Ausbruch der Krise 2007 und 2008 aus
vielen Vermögenspreisen entwich, ist längst wieder hineingepumpt.
Wann die Blase platzt, lässt sich nicht vorhersagen. Gefährlich
wird es, wenn traditionelle Mahner umschwenken und am Markt die
letzten "Bären" zu "Bullen" mutieren. Die Anzeichen hierfür mehren
sich. Nur in Deutschland gebe es eine "perverse Angst" vor der
Politik der Zentralbank, beklagte Mario Draghi gerade im Interview.
Offensichtlich nimmt der EZB-Präsident Kritik aus Deutschland ähnlich
wahr wie Butler James den Kopf jenes ausgelegten Tigerfells, über den
er bei seinen liquiditätsspendenden Einsätzen ständig stolpert - bis
er ihn bekanntlich mit einem Schlusssprung überwindet. Nichts kann
die butlernden Notenbanker dann mehr daran hindern, sich mit einem
"Well, I'll do my very best" auf den Lippen mit der Politik ins Bett
zu begeben.
(Börsen-Zeitung, 31.12.2013)
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Telefon: 069--2732-0
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