Westdeutsche Zeitung: Ein Placebo aus dem Justizministerium =
von Olaf Steinacker
Geschrieben am 06-01-2014 |
Düsseldorf (ots) - Justizminister Heiko Maas ist gerade drei
Wochen im Amt - und schon ist Feuer unterm Dach. Dabei las sich im
mühsam ausgehandelten Koalitionsvertrag alles so wunderbar.
Grundsätzlich haben weder Schwarz noch Rot ein Problem damit, dass
Telekom-Unternehmen ohne konkrete Gefahr oder Anfangsverdacht
massenhaft Daten über den Telefon- und E-Mail-Verkehr von
unbescholtenen Menschen speichern. Vor allem die Hardliner aus dem
bayrischen Freistaat wird das gefreut haben. In der neuen Koalition
müssen sich die Christsozialen nun nicht mehr mit einem Partner
herumschlagen, der sich lautstark für Freiheits- und Bürgerrechte
starkmacht. Selbst wenn dies zum Schluss nur noch in Person der
FDP-Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger geschah.
Zwar sind auch weite Teile der SPD-Basis nicht mit der anlasslosen
Datenspeicherung einverstanden - vor allem im Licht der
NSA-Überwachung haben sich Meinungen verschoben. Viele haben aber
dennoch zugestimmt, die umstrittene EU-Richtlinie umzusetzen.
Die Vorgabe aus Brüssel allerdings wackelt nach einem juristischen
Gutachten in ihrer jetzigen Form. Da die Vorratsdatenspeicherung aber
nicht grundsätzlich infrage gestellt wird, werden sich wohl nur ihre
Bedingungen ändern. Zwei Jahre gelten als zu lange, dass eine
verkürzte Speicherfrist kommt, ist aber wahrscheinlich.
Möglicherweise sind sogar die von Deutschland ins Spiel gebrachten
drei Monate eine Option.
Das dürfte auch Justizminister Maas wissen, selbst wenn er
behauptet, die Richtlinie könne unter Umständen komplett einkassiert
werden. Dennoch ist seine abwartende Haltung richtig. Warum sollte
Deutschland etwas in Gesetzesform gießen, was in wenigen Wochen
wieder passé ist? Mit diesem Hinweis lässt sich auch die drohende
Geldstrafe der EU abwehren.
Vor einer Sache muss man sich aber hüten. Maas' Haltung ist
politischer Pragmatismus und bestenfalls eine rhetorische
Beruhigungspille für die Kritiker aus den eigenen Reihen. Keinesfalls
ist es der Kampf gegen ein höchst fragwürdiges Instrument. Maas will
Bürgerrechte zu einem Schwerpunkt seiner Arbeit machen - wohl an. Es
gibt viel zu tun.
Pressekontakt:
Westdeutsche Zeitung
Nachrichtenredaktion
Telefon: 0211/ 8382-2370
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