Aachener Zeitung: Kommentar
Abfuhr fürs Politbüro
Der Einfluss der Parteien wird stark eingeschränkt
Bernd Mathieu
Geschrieben am 25-03-2014 |
Aachen (ots) - Das ist erfreulich klar und ermutigend: Übereifrige
Partei-Funktionäre haben vom Ersten Senat des
Bundesverfassungsgerichts eine öffentlich-rechtliche Zurückhaltung
verordnet bekommen, auf die man nach all den Einmischungen kaum zu
hoffen wagte. Da rief ein Generalsekretär aus Bayern an, um auf den
Schnitt eines aktuellen Films über den grandiosen Parteitag Einfluss
zu nehmen. Da setzten sich 2009 die Spitzenfunktionäre Roland Koch
und Edmund Stoiber im ZDF-Verwaltungsrat gegen das Votum des
Intendanten durch und wählten nur aus politischen Gründen und ohne
jede Hemmung den Chefredakteur Nikolaus Brender nicht mehr wieder.
Der Journalist war nicht stromlinienförmig, nicht zu beeinflussen,
viel zu unabhängig. Wie unangenehm und lästig! Das ZDF ist leider
kein Einzelfall. Auch in den ARD-Anstalten mischen seit Jahrzehnten
die politisch eingefärbten Rundfunk- und Verwaltungsräte in den
Entscheidungen über wichtige Positionen kräftig mit. Sie sind stets
ebenso einseitig wie besserwisserisch dabei, wenn es um Intendanten,
Programmdirektoren, Chefredakteure geht. Wir sind weit gekommen: Das
oberste Gericht muss die Parteien in ihrem maßlosen Einfluss und
ihrer Anmaßung stoppen - kein gutes Zeugnis für lupenreine
Demokraten. Die Entscheidung ist deutlich formuliert, und die
Botschaft lautet: Haltet Euch zurück! Beendet den unseligen
Parteienproporz! Nehmt die aktuellen Strukturen und Realitäten einer
modernen und transparenten Gesellschaft zur Kenntnis! Haltet Euch
nicht für so wichtig, Ihr seid nicht mehr die Alleinbestimmer. Mit
den Hinterzimmer-Absprachen muss Schluss sein. Das Gebot der
Staatsferne gibt es uns allen noch einmal in juristisch verbindlicher
Form schriftlich: Politiker und Journalisten sind voneinander
unabhängig, sie sitzen nicht in einem Boot, sie bewegen sich nicht a
priori in die selbe Richtung, sie nehmen unterschiedliche Interessen
wahr, und sie dürfen nicht aufeinander angewiesen sein. Damit ein
öffentlich-rechtlicher Sender nicht zum Staatsfunk mutiert, muss er,
so die Richter, die Vielfalt unserer Gesellschaft sichern und die
Zusammensetzung der Organe so regeln, dass, so heißt es im Urteil,
"Personen mit möglichst vielfältigen Perspektiven und
Erfahrungshorizonten aus allen Bereichen des Gemeinwesens" erfasst
werden, "wechselnd auch kleinere Gruppierungen". Da gibt es noch eine
Menge Arbeit bei der gerechten Berücksichtigung von Organisationen,
Verbänden und Religionsgemeinschaften und ihren berechtigten
Interessen. Die Politbüros und ihre Offensivkräfte werden murren und
schimpfen. Das tun sie sowieso; denn Versuche, auf die
Berichterstattung Einfluss zu nehmen, sind Alltag, auch Zeitungen und
Zeitschriften gegenüber. Viele Politiker fühlen sich allzeit schlecht
behandelt, falsch verstanden, zu wenig gewürdigt. Und jetzt werden
diese unfähigen und bösartigen Journalisten vom Verfassungsgericht
gestützt. Was für eine ungerechte Welt!
Pressekontakt:
Aachener Zeitung
Redaktion Aachener Zeitung
Telefon: 0241 5101-389
az-blattmacher@zeitungsverlag-aachen.de
Kontaktinformationen:
Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.
Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.
Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.
http://www.bankkaufmann.com/topics.html
Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.
@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf
E-Mail: media(at)at-symbol.de
519031
weitere Artikel:
- Berliner Zeitung: Zum Rundfunkurteil des Bundesverfassungsgerichts: Berlin (ots) - Seit Jahrzehnten ergeht es dem
Bundesverfassungsgericht bei seinen Versuchen, den Einfluss der
Politik auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk einzudämmen, wie dem
Hasen mit dem Igel: Stets läuft er sich die Lunge aus dem Leib, doch
wenn er am Ziel ist, ruft ihm die Frau des Igels triumphierend
entgegen: "Ick bün al dor!" Der Hase wiederholte den Lauf 73 Mal,
beim 74. Rennen brach er tot zusammen. Nach jedem der bisher 13
Rundfunkurteile, die auf mehr Staatsferne zielten, riefen die
Länderregierungen aus den Gremien: mehr...
- Westdeutsche Zeitung: Ohne gesetzlichen Druck geht es nicht =
von Vera Zischke Düsseldorf (ots) - Die gesetzliche Frauenquote ist überfällig und
muss nach viel zu langem Zaudern mit Nachdruck durchgesetzt werden.
Denn seit sich die Wirtschaft vor 13 Jahren freiwillig dazu
verpflichtet hat, Frauen stärker zu fördern, ist lächerlich wenig
passiert. Unter den Chefs der 200 umsatzstärksten deutschen Firmen
waren 2010 nur zwei Frauen. Die Zahl der weiblichen
Aufsichtsratsmitglieder stagniert derzeit, bei den
Vorstandsmitgliedern ist sie sogar rückläufig. Damit ist klar: Ohne
gesetzlichen Druck geht es nicht. Großunternehmen mehr...
- WAZ: FDP-Chef Lindner gegen geplante gesetzliche Frauenquote Essen (ots) - Die FDP hat sich gegen die geplante gesetzliche
Frauenquote für Großunternehmen ausgesprochen. "Die Politik sollte
sich um die Vereinbarkeit von Kindern und Karriere für alle Frauen
kümmern, nicht um die Vorstandskarrieren von ein paar", sagte
Parteichef Christian Lindner der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung
(WAZ, Mittwochausgabe). "Erfolgreiche Unternehmen werden schon aus
Eigeninteresse hier mehr tun müssen."
Pressekontakt:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: 0201 - 804 6519
zentralredaktion@waz.de mehr...
- WAZ: Driftet Europa nach Rechtsaußen?
- Kommentar von Ulrich Reitz Essen (ots) - Marine Le Pen feiert in Frankreich Triumphe mit
ihrem Front National, Geert Wilders punktet in den Niederlanden. In
Deutschland liegt die Alternative für Deutschland, allen Flügel- und
Führungskämpfen zum Trotz, stabil bei sieben Prozent. Driftet Europa
bei der Wahl im Mai nach Rechtsaußen?
Gemach. Man kann Wilders und Le Pen vergleichen, sie dürften im
nächsten Europa-Parlament eine Fraktion bilden können. Lucke gehört
nicht in diese Kategorie. Die AfD mag eurofeindlich sein und
populistisch, aber rechtsradikal mehr...
- WAZ: Die Quote kommt, der Krach auch
- Kommentar von Julia Emmrich Essen (ots) - Es wird Krach geben. Wer so tief in die Unternehmen
hineinregiert, wie die Große Koalition es jetzt mit der gesetzlichen
Frauenquote für die Aufsichtsräte macht, dem dürften in den nächsten
Monaten die Brocken um die Ohren fliegen. Es geht um Macht,
Privilegien und Gewohnheiten.
Die Gewerkschaften sind schon deshalb in Sorge, weil das Gesetz
nicht nur die Arbeitgeber zu mehr Frauenförderung zwingt, sondern
auch die Belegschaften vor die Aufgabe stellt, genügend weibliche
Vertreter in die Aufsichtsräte zu schicken. mehr...
|
|
|
Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten
Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:
LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre
durchschnittliche Punktzahl: 0 Stimmen: 0
|