Börsen-Zeitung: Riskante Sieger, ein Marktkommentar von Stefan Schaaf
Geschrieben am 27-06-2014 |
Frankfurt (ots) - Für international tätige Unternehmen war das
erste Halbjahr im Hinblick auf Wechselkursrisiken eine ruhige Zeit.
Eine geringe Volatilität bei wichtigen Währungspaaren sorgte dafür,
dass die Risiken für die Cash-flows aus anderen Währungsräumen und
die Kosten für die Absicherung niedrig waren - ein Effekt der
Notenbankpolitik. Die Zentralbanken, insbesondere die Europäische
Zentralbank (EZB), haben mit der Festlegung auf langfristig niedrige
Zinsen jegliche Kursfantasie aus dem Devisenmarkt genommen.
Was die Treasurer freut, das lässt diejenigen verzweifeln, die mit
dem Handel und der Spekulation am Devisenmarkt ihr Geld verdienen.
Ist die Volatilität niedrig - sie erreichte nach Berechnungen der
Commerzbank zuletzt Niveaus wie vor der Finanzkrise -, so ist auch
wenig zu verdienen. Die Folge: Auch am Devisenmarkt ist eine Jagd
nach Rendite ausgebrochen, wie sie am Anleihemarkt die Investoren in
immer exotischere und risikoreichere Bondsegmente investieren lässt.
Am Devisenmarkt heißt Renditejagd Carry Trade. Hierbei leihen sich
Investoren Geld in einer niedrig verzinsten Währung wie dem Yen oder
inzwischen auch dem Euro und legen dieses in höher verzinsten
Währungen an. Der Renditechance durch höhere Zinsen steht allerdings
ein hohes Wechselkursrisiko entgegen, das im schlimmsten Fall sogar
zu Verlusten führen kann - nämlich dann, wenn der Wechselkurs
prozentual stärker reagiert, als die Fremdwährungsanlage rentiert.
Im ersten Halbjahr ging die Strategie aber für
Carry-Trade-Investoren auf. Dies zeigt sich daran, welche Währungen
in den ersten sechs Monaten des laufenden Jahres die höchsten Erträge
abwarfen. Es sind mit "Aussie" und "Kiwi" die Währungen Australiens
und Neuseelands, beides klassische Anlagewährungen für Carry Trades.
Sowohl gegenüber Euro als auch Pfund und Dollar waren Aussie und Kiwi
im ersten Halbjahr im Universum der Hauptwährungen (G 10) Gewinner.
Laut Bloomberg-Daten betrug der Kassa-Ertrag mit dem neuseeländischen
Dollar bis einschließlich Freitag gegenüber dem Euro 8,6%, beim
australischen Dollar 7,3%. Das kann sich neben Hochzinsanleihen und
Dividendenaktien, den aktuellen Renditelieblingen vieler Investoren,
sehen lassen. Gegenüber dem Dollar ist das Bild ähnlich, nur die
Erträge sind mit 6,7% beim Kiwi und 5,7% beim Aussie etwas geringer.
Bei einem breiteren Blick auf das globale Währungsuniversum zeigen
sich für das erste Halbjahr zwei weitere Gewinner, wenn man die
Exoten Somalia-Schilling und Malawi-Kwacha außer Acht lässt:
Edelmetalle und der brasilianische Real, Letzterer auch ein Gewinner
der Carry Trades. Gold, das von vielen Investoren als Währung
insbesondere gegen Dollar gehandelt wird, brachte zum Euro einen
Ertrag von 10,6% und hat damit eine kräftige Aufholjagd hingelegt
nach dem Preissturz im Vorjahr.
Doch im zweiten Halbjahr könnten die drei Gewinner australischer
Dollar, Gold und Real auf der Verliererseite stehen. Der Aussie ist
auch deshalb so stark, weil er vielen Anleger als Ersatz für direkte
Investitionen in China dient. Hintergrund dafür ist, dass der fünfte
Kontinent über Rohstoffausfuhren stark vom Aufstieg der Volksrepublik
profitiert. Doch inzwischen wird es einfacher, direkt in chinesische
Assets zu investieren, man denke nur an das im Herbst kommende
Renminbi-Clearing in Frankfurt. Zudem trüben sich die
Wachstumsperspektiven in China ein, was auch auf die australische
Volkswirtschaft durchschlagen wird.
Der Goldpreis hingegen hängt am Kurs des US-Dollar und damit an
der Federal Reserve. Auch hier droht Abwärtspotenzial, denn es mehren
sich die Zeichen für eine Straffung der US-Geldpolitik. Höhere
US-Zinsen dürften den Dollar stärken. Dem Real schließlich wird
politischer Gegenwind entgegenblasen mit dem Ende der Fußball-WM. Im
Herbst steht die Präsidentenwahl an, die Unsicherheit dürfte im
Vorfeld steigen, zumal die makroökonomischen Daten des Landes
problematisch sind.
Somit können aus Gewinnern im zweiten Halbjahr Verlierer werden.
Der Umkehrschluss gilt nicht zwangsläufig. Denn der Verlierer der
ersten sechs Monate, die schwedische Krone, wird wohl weiter unter
Druck stehen. Die Reichsbank bekommt die deflatorischen Tendenzen
schon seit geraumer Zeit nicht in den Griff. Die Zeichen in Stockholm
stehen daher auf Lockerung, zumal die Notenbank noch einen
Zinssenkungspfeil im Köcher hat.
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