Lausitzer Rundschau: Kunst trifft Wirklichkeit
Zur Premiere der Freiheitsoper "Fidelio" im Zuchthaus Cottbus
Geschrieben am 29-06-2014 |
Cottbus (ots) - Es war ein ungeheurer Kraftakt für mehr als 300
Mitwirkende, ein außergewöhnliches Theatererlebnis für 1000 Besucher
aus nah und fern - und zugleich ein Befreiungsakt für Menschen, die
wegen ihrer Gesinnung einst hinter diesen Mauern eingesperrt waren:
Am späten Samstagsabend wurde in einer berührenden Premiere
Beethovens Freiheitsoper "Fidelio" in der Gedenkstätte Zuchthaus
Cottbus gefeiert. Monatelang hatte das Gemeinschaftsprojekt von
Menschenrechtszentrum Cottbus und Staatstheater, unterstützt von
vielen Sponsoren, die Akteure beschäftigt. Und das wird es bis zum
12. Juli noch an vielen Opernabenden im Hof des einstigen
Nazi-Zuchthauses und größten politischen Gefängnisses der DDR tun.
"Fidelio" aber widersetzte sich den Hürden, den Launen des Wetters
und auch kritischen Stimmen. Dabei geht es um weit mehr als um hohe
künstlerische Ansprüche, die an jedem Opernabend unter Beweis
gestellt werden müssen. Für Pfarrer Christoph Polster, der die
friedliche Revolution in Cottbus mit in Gang setzte, ist das
Bemerkenswerte an dieser Freiheitsoper am authentischen Ort: Kunst
verbindet sich mit dem wirklichen Leben. Wenn Menschen sich von der
Musik berühren lassen, von den Stimmen der Sängerinnen und Sänger,
unter die sich bewusst ehemalige Häftlinge gemischt haben, dann ist
nicht nur Erinnerung möglich. Statt Aufrechnung geht es um
Aufarbeitung, um Toleranz, Verständnis und Versöhnung, hat es der
Vereinsvorsitzende des Menschenrechtszentrums Dieter Dombrowski auf
den Punkt gebracht. Ein anderer ehemaliger Cottbuser Häftling, Ewald
Mildner, konnte seiner Frau, die ihm all die Jahre beigestanden
hatte, kein besseres Geburtstagsgeschenk machen als diese Premiere:
Hier, wo einst seine Gesangskarriere für beendet erklärt wurde,
konnte er in freier Luft singen. Andere einstige Häftlinge wie
Steffen Krahl setzten sich zum Beispiel mit Fotos für das Projekt
ein. Bemerkenswert vor allem ist: Es geht nicht nur um die
Vergangenheit, sondern um die Wirklichkeit. Nicht nur auf Kuba
braucht es Mut zu sagen: Die Gedanken sind frei.
Pressekontakt:
Lausitzer Rundschau
Telefon: 0355/481232
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