Börsen-Zeitung: Im siebten Himmel, Kommentar zu Fußball-WM & Wirtschaft von Michael Flämig
Geschrieben am 09-07-2014 |
Frankfurt (ots) - 7. Sieben. SIEBEN!Unglaublichepochaleinzigartigs
ensationellhistorischachwasweißich. Die halbe Welt spricht über die
Tore, die Deutschland im Halbfinale der Fußball-Weltmeisterschaft
gegen Brasilien geschossen hat. Da kann Ihre Finanzzeitung nicht
schweigen - und sie will es auch gar nicht. Wir bekennen gerne: Die
Begeisterung ist immer noch groß. Welch Emotionen selbst vor dem
eigenen Fernseher, welch angenehme Zweifel am Sehvermögen, welch
Freude über das sportliche Spektakel. Waaaaaahnsinn.
So. Nachdem wir den Fan - an dieser Stelle untypisch - mal richtig
rausgelassen haben, kehrt der Journalist zurück. Seine vornehme
Aufgabe wäre es nun, das Ergebnis philosophisch zu überhöhen. Sie
wissen schon, der ganze Hirngymnastik-Kram: Parallelen zwischen dem
Torverhältnis und der Wirtschaftskraft von Brasilien/Deutschland
ziehen oder Veränderungen im politischen System aus der jeweiligen
Mannschaftsaufstellung ableiten. Kurz: Den Fußball ökonomisch und
kulturell aufblasen, bis er platzt.
Nur: Der Glaube an derlei Intellektuellen-Spielchen fehlt. Der
Fußball ist ein echter Sport, zum Erfolg von Fußballern gehört neben
dem Können auch ein bisschen Glück. Punkt. Aus. Ich habe fertig.
Echt? Ja. Oder besser: Na ja. Denn der Leser dürfte von dieser
Zeitung mehr als eine erkenntnisfreie Schlusspointe erwarten. Zwar
tut es dem Ballspiel nicht gut, es zwanghaft mit der Realität in
anderen Sphären zu vergleichen. Tatsache aber bleibt: Fußball kann
gesellschaftliche Wahrnehmungen verändern, wie die Debatte über die
verringerten Wahlchancen der brasilianischen Präsidentin nach dem
WM-Aus zeigt. Was hinterlässt also das Halbfinale 2014?
Der prägende Eindruck in aller Welt wird sein: Selbst wenn das
Endspiel verloren geht, Deutschland ist übermächtig. Dieses Empfinden
wird deswegen beständig sein, weil unser Land in seiner
wirtschaftlichen Potenz ebenfalls so wahrgenommen wird. Dieser Mix
führt vielerorts zu negativen Emotionen, denn Übermacht auf der einen
Seite korreliert häufig mit Ohnmacht auf der anderen Seite.
Damit ist die Aufgabe klar: Deutschland sollte als Land, so wie es
die Fußballer nach dem Halbfinale teils vorführten, nicht überheblich
werden. Wenn dem Staat und seinen Bürgern dies gelingt, dann können
sie - an dieser Stelle ein Dank an den Spieler Mesut Özil für das
Vergeigen der Großchance zum achten Treffer während der
Halbfinal-Schlussphase - noch länger im siebten Himmel verweilen, und
zwar kurzfristig fußballerisch und mittelfristig im weltweiten
Ansehen.
Pressekontakt:
Börsen-Zeitung
Redaktion
Telefon: 069--2732-0
www.boersen-zeitung.de
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