Lausitzer Rundschau: Zum Jahresbericht zur deutschen Einheit
Aufbau Ost in Zeitlupe
Geschrieben am 24-09-2014 |
Cottbus (ots) - Seit der Wiedervereinigung ist viel über die
"blühenden Landschaften" gespottet worden. Kabarettisten juxten, dass
Helmut Kohls lyrische Vision vom Osten allenfalls noch durch ein paar
wenige intakte Betriebe getrübt werde. Tatsächlich war der Traum des
Altkanzlers von der raschen Angleichung der Lebensverhältnisse
zwischen alten und neuen Bundesländern reichlich kühn. Die satirische
Schwarzmalerei wird der ostdeutschen Wirklichkeit allerdings genauso
wenig gerecht. Vielmehr liegt die Wahrheit irgendwo in der Mitte.
Davon kündet auch der jüngste Regierungsbericht zum Stand der
deutschen Einheit. Er ist ein Nachschlagewerk über die guten und
weniger guten Seiten der inzwischen gar nicht mehr so neuen Länder.
Wer heute Dresden besucht, oder Jena und Weimar, wird sich den
gewaltigen Veränderungen seit 1990 nicht entziehen können. Der
traurige Verfall der Innenstädte wurde durch ein groß angelegtes
Sanierungsprogramm gestoppt. Mit viel Fleiß und noch mehr Geld hat
sich der Osten zu einem beachtenswerten Wirtschaftsstandort
gemausert. Das Bruttoinlandsprodukt hat sich seit 1992 glatt
verdoppelt. Die Arbeitslosigkeit ist auf dem tiefsten Stand seit der
Wiedervereinigung. Aber das alles ist eben nur die halbe Wahrheit.
Denn spätestens seit der Jahrtausendwende findet die ökonomische
Aufholjagd nur noch im Zeitlupentempo statt. Die Wirtschaft im Osten
ist nach wie vor sehr kleinbetrieblich geprägt. Auch ist der Anteil
der Zulieferindustrie deutlich höher als im Westen. Damit dienen die
neuen Länder oft gewissermaßen nur als verlängerte Werkbank. Und als
Reservoir für gut ausgebildet, aber vergleichsweise billige
Arbeitskräfte. Wegen der radikalen Deindustrialisierung in den
1990er-Jahren sind viele junge Leute aus Brandenburg oder
Sachsen-Anhalt nach Baden-Württemberg oder Bayern abgewandert,
pendeln bis heute noch immer viele Thüringer zur Arbeit nach Hessen.
Wer als Ostdeutscher damals zu alt war, um neu anzufangen, wurde mit
gut dotierten Vorruhestandsreglungen nach Hause geschickt. Solche
Tatsachen beschönigen den statistisch ausgewiesenen Umfang der
Arbeitslosigkeit im Osten. Und trotzdem liegt sie heute immer noch um
mehr als ein Drittel höher als im Westen. Auch ein ostdeutsches
Musterland wie Sachsen nimmt sich im gesamtdeutschen Vergleich
bescheiden aus. So liegt die Wirtschaftskraft je Einwohner im
Freistaat zwar um sechs Prozent über der in Mecklenburg-Vorpommern,
aber immer noch um 14 Prozent unter dem Pro-Kopf-Niveau des
wirtschaftsschwächsten westdeutschen Bundeslandes Schleswig-Holstein.
Schon diese Betrachtung zeigt, dass der Aufbau Ost mit dem Auslaufen
des Solidarpaktes von Bund und Ländern Ende 2019 nicht abgeschlossen
sein kann. Wenn die Wirtschaftskraft aktuell nur zwei Drittel der
alten Länder beträgt und das Steueraufkommen noch deutlich niedriger
liegt, sind weitere Extra-Hilfen nötig. Dann allerdings auch für
strukturschwache Regionen im Westen, die ähnlich schlechte Daten
vorzuweisen haben. Alles andere wäre politisch nicht mehr
vermittelbar.
Pressekontakt:
Lausitzer Rundschau
Telefon: 0355/481232
Fax: 0355/481275
politik@lr-online.de
Kontaktinformationen:
Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.
Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.
Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.
http://www.bankkaufmann.com/topics.html
Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.
@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf
E-Mail: media(at)at-symbol.de
548832
weitere Artikel:
- Das Erste, Donnerstag, 25. September 2014, 5.30 - 9.00 Uhr
Gäste im ARD-Morgenmagazin Köln (ots) - 7.05 Uhr, Andreas Schockenhoff, CDU/CSU,
stellvertretender Fraktionsvorsitzender, Thema: Situation der
Flüchtlinge an der türkisch/syrischen Grenze
8.05 Uhr, Karl Lauterbach, SPD, stellvertretender
Fraktionsvorsitzender, Thema: Hausärztetag
Pressekontakt:
WDR Presse und Information, Annette Metzinger, Tel. 0221-220-7101
Agentur Ulrike Boldt, Tel. 02150 - 20 65 62 mehr...
- Südwest Presse: Kommentar zum Klimagipfel Ulm (ots) - Die Bekenntnisse auf dem Uno-Sondergipfel zum
Klimaschutz klangen beeindruckend. US-Präsident Barack Obama will die
internationale Gemeinschaft anführen. Gelobte er. Zusammen mit China,
sagte er. Pekings Vizepremier Zang Gaoli fand keine Widerworte. Er
versprach gar mitzuziehen. Da musste Uno-Generalsekretär Ban Ki Moon
strahlen. Selten gelingt es, dass die Großen der Welt übereinstimmen.
Dabei braucht die zunehmend streitsüchtige Menschheit Leitfiguren,
die Krisen lösen, anstatt sie zu verschärfen. Der Klimawandel mit
seinen mehr...
- WAZ: Polizeieinsatz mit Wirkung. Kommentar von Dietmar Seher Essen (ots) - Dass Angst vor Kriminalität Wahlen beeinflusst,
zeigen nicht nur die Erfolge der Le Pens in Frankreichs Vorstädten.
Auch der Landtags-Einzug der AfD in Ostdeutschland ist teils der
Furcht der Grenzanlieger vor marodierenden Banden "von drüben"
zuzuweisen. Die Forderung, die die Bürger da schnell erheben:
Schließt wieder die Grenzen.
Das ist 2014 nicht mehr der Ausweg. Die mafiös organisierte
Kriminalität lässt jede Grenze kalt, wenn Millionen-Gewinne im
Sekundenbruchteil per Internet transferiert werden. Aus der mehr...
- WAZ: Inzest muss verboten bleiben. Kommentar von Julia Emmrich Essen (ots) - Inzest unter Geschwistern ist extrem selten. Aber es
gibt diese Fälle und sie werden künftig noch häufiger vorkommen.
Nicht, weil das Tabu weicht. Sondern weil sich die Familienwelt
verändert. Die Zahl der Patchwork-Familien steigt, die
verwandtschaftlichen Beziehungen werden unübersichtlicher. Hinzu
kommen Kinder, die durch Samenspenden gezeugt wurden oder nach einer
anonymen Geburt zu Pflegefamilien gekommen sind.
In solchen Fällen ist es weiterhin selten, aber nicht
unwahrscheinlich, dass sich Geschwister verlieben mehr...
- WAZ: Sonderrechte für Kirchen - warum? Kommentar von Frank Preuß Essen (ots) - Kein Kopftuch in einem evangelischen Krankenhaus -
überraschend ist die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes nicht.
Sie ist auf den ersten Blick auch schlüssig, denn dass eine
kirchliche Einrichtung Symbole einer anderen Religion nicht duldet,
klingt logisch. Natürlich ist der Applaus groß, weil islamische
Symbolik bei vielen Christen Unruhe hervorruft.
Und doch erzeugt das Urteil Unbehagen. In Deutschland sind Staat
und Kirche zwar getrennt. Aber das Grundgesetz räumt den beiden
großen Kirchen als Arbeitgebern mehr...
|
|
|
Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten
Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:
LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre
durchschnittliche Punktzahl: 0 Stimmen: 0
|