Mittelbayerische Zeitung: Kronprinz Nummer 1 in Seehofers Kosmos / Finanzminister Söder überzeugt mit Leistung statt Sympathiewerten - und hofft, dass diese Rechnung aufgeht. Leitartikel von Christine
Geschrieben am 30-09-2014 |
Regensburg (ots) - Auf die Frage, ob die CSU zwar als
Regierungspartei respektiert, gleichwohl von vielen nicht wirklich
gemocht wird, erzählte Söder im Wahlkampf 2013 die Geschichte von den
zwei Zahnärzten: Der eine fachlich top, aber menschlich bisweilen
gewöhnungsbedürftig bis grob. Der andere lieb, ein Kumpeltyp, aber
sonst so lala. "Zu wem würden Sie gehen, wenn Sie ein Problem
haben?", lautete seine Pointe - und man ahnte, dass er sich die
erhoffte Antwort auch einmal für seine Person wünscht, sobald in der
CSU die Kronprinzenregelung ansteht. Denn geht es allein nach
Leistung und nicht nach Sympathiewerten, ist Söder als
Seehofer-Nachfolger die unangefochtene Nummer 1. Das gilt nicht erst
seit dem unfreiwilligen politischen Abgang von Staatskanzleichefin
Christine Haderthauer. Auch Energieministerin Ilse Aigner ist
abgehängt. An Söders Sonderstellung kratzt nicht, dass Regierungschef
Horst Seehofer kürzlich bei der CSU-Klausur in Kloster Banz ein
gefühltes halbes Dutzend neuer Kronprinzen in seinem Kosmos verortete
- darunter solche wie den Niederbayern Manfred Weber, der sich
verdutzt die Augen gerieben haben dürfte. Weber ist in Brüssel eine
feste Größe. Er hat niemals große Sehnsucht nach München erkennen
lassen. Vielleicht macht ihn gerade das für Seehofer recht angenehm.
Söder ist anders. Ihn könnte man wohl nur in Ketten aus Bayern
wegschleifen. Söder will in der Zeit nach Seehofer Regierungschef des
Freistaats werden. Er will an der Spitze der CSU stehen. Das
verströmt er bei jedem öffentlichen Auftritt aus allen Poren, darauf
arbeitet er generalstabsmäßig hin - ist aber ganz froh, dass die
Nachfolge noch nicht sofort entschieden wird. So bleibt ihm mehr
Zeit, seine Leistungsbilanz zu vergrößern, die im ersten Jahr im
Kabinett Seehofer II allerdings schon sehr beachtlich ist. In der
Debatte um den Doppelhaushalt 2015/2016 fand jedenfalls gestern im
Grunde auch die Opposition keine großen Angriffsflächen - abgesehen
von der Kritik, dass in Zeiten sprudelnder Steuereinnahmen mehr
gespart werden sollte, gepaart mit diversen Wünschen, wo es dann doch
etwas mehr sein dürfte. Beim Dauerminenfeld BayernLB hat der
Finanzminister mit dem Verkauf der ungarischen Tochter MKB ein
wichtiges Problemfeld mit überschaubaren Verlusten abgeräumt, auch
wenn weitere große Unwägbarkeiten um die frühere österreichische
Tochter Hypo Group Alpe Adria bleiben. Söders Meisterstück aber ist
das 1,5 Milliarden schwere Breitbandförderprogramm, das er mit seinem
Staatssekretär Albert Füracker gegen Widerstände aus der EU
durchgefochten hat. Es wird die wirtschaftliche Entwicklung kräftig
befördern. Söder weiß allerdings, dass es nicht genügen wird,
Seehofers Klassenprimus zu sein. Die CSU wird 2018 nur dann mit ihm
als Spitzenkandidaten in die Landtagswahl ziehen, wenn er das Zeug
dazu hat, genügend Wähler zu begeistern, um die Machtposition der
Partei in Bayern zu verteidigen. Söder poliert deshalb weiter kräftig
an seinem Image, dem aus seiner Zeit als CSU-Generalsekretär noch
immer das Grobe und Halbseidene anhaftet. Da holzte er kräftig und
war dem damaligen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber so treu ergeben,
dass Kabarettist Django Asül 2007 am Nockherberg den Vergleich von
Sekret und Sekretär zog. 2014 ist für Söder maximale Seriosität die
neue Währung. An Medienberichten über die CSU-Klausur in Banz störte
ihn deshalb am meisten, dass er nach Meinung von CSU-Kollegen im
Vergleich zu Rivalin Aigner mehr Show als Inhalte geboten habe. Wann
die CSU die Nachfolgefrage regelt, ist offen. Seehofer will sich
gerne bis 2017 Zeit lassen. Söder wird sich jedenfalls am Tag X nicht
vorwerfen müssen, dass er nicht alles getan hat, um in bestmöglicher
Startposition zu sein. Doch wer weiß, vielleicht taucht bis dahin
einer auf, der ihn entzaubert. Einer, der beides perfekt vereint: das
Talent, Probleme des Freistaats zu lösen und Wählerherzen zu
gewinnen.
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Mittelbayerische Zeitung
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