Börsen-Zeitung: Russlands Währungskrise, Marktkommentar von Stefan Schaaf
Geschrieben am 12-12-2014 |
Frankfurt (ots) - Geschichte wiederholt sich in der Regel nicht.
Glücklicherweise. Doch die Geschichte hat Lehren für die Gegenwart
parat. Eine davon ist es, aufmerksam zu werden, wenn die
außenpolitische Rhetorik von Regierenden pathetisch, nationalistisch
oder gar religiös aufgeladen wird.
Häufig war dies in der Vergangenheit ein Zeichen für ernsthafte
innenpolitische Schwierigkeiten, meist ökonomischer Art. Deshalb
lohnt es sich achtsam zu sein, wenn der russische Präsident Wladimir
Putin kürzlich in einer großen Rede von "heiligem Boden" in
Zusammenhang mit der besetzten Halbinsel Krim sprach und andere
religiöse Metaphern verwendete. Dies lässt vermuten, dass Russland
eineinhalb Jahre nach Beginn seiner Wirtschaftskrise - gemessen am
Rückgang der Einkaufsmanager-Indizes - und nach rund einem Jahr
Ukraine-Konflikt und den darauf folgenden westlichen Sanktionen
zunehmend wirtschaftlich und finanzpolitisch unter Druck steht.
Zinserhöhung verpufft
Die Finanzmärkte haben ihr Urteil inzwischen ohnehin gefällt:
Russland ist derzeit kein Platz zu investieren, lautet die Botschaft
der Anleger. Deutlich wird dies am Absturz des Rubel, der zum
Wochenschluss trotz höherer Leitzinsen ungebremst weiterging. Für
einen Dollar wurden bis zu 58,0263 Rubel gezahlt, womit die russische
Valuta zur Weltleitwährung 2014 schon gut 75% abgewertet hat.
Zweifelsohne steckt Russland mitten in einer Währungskrise. Sie ist
inzwischen so stark, dass selbst eine Leitzinserhöhung auf jüngst
10,5% wirkungslos verpuffte.
"Um die Kapitalflucht in den Griff zu gekommen, müsste die
russische Zentralbank den Leitzins um 400 bis 500 Basispunkte
erhöhen", sagt George Saravelos, Leiter der europäischen
Währungsanalyse bei der Deutschen Bank. Russland hat in diesem Jahr
mit einem Kapitalabfluss von rund 100 Mrd. Dollar zu kämpfen, zudem
sind die Währungs- und Goldreserven des Landes 2014 um rund ein
Fünftel auf noch gut 400 Mrd. Dollar geschrumpft. Zugleich stehen
russische Unternehmen mit einer höheren Summe im Ausland in der
Kreide.
Aber auch andere Marktindikatoren zeigen, dass der wirtschaftliche
Absturz Russlands sich eher beschleunigt als abbremst. So brach der
Leitindex der Moskauer Börse, der RTS-Index zum Wochenschluss um bis
zu 4,8% auf 784,53 Punkte und damit den tiefsten Stand seit fast
sechs Jahren. Seit Jahresbeginn hat der Index fast 43% Wert
eingebüßt. Zum Vergleich: Der MSCI-Aktienindex für die
Schwellenländer hat im gleichen Zeitraum gerade einmal 5,6%
nachgegeben.
Vertrauen schwindet
Wie deutlich sich Investoren inzwischen gegen die russische
Wirtschaft positioniert haben, verdeutlichen die steigenden
CDS-Notierungen. Sie sind zwar, wie auch die Euro-Krise zeigte,
häufig spekulativ überzogen, zeigen aber einen deutlichen Trend für
das Marktsentiment. Im Fall Russlands heißt dies: Anleger senken den
Daumen. Fünfjährige Russland-CDS notieren aktuell bei rund 425
Basispunkten, womit das Ausfallrisiko von Schulden der Russischen
Föderation zweieinhalbmal so hoch eingeschätzt wird wie zu
Jahresbeginn.
Die russische Seite und ihre Unterstützer machen die westlichen
Sanktionen für die Misere verantwortlich. Diese dürften den
Abwärtstrend beschleunigt haben, insbesondere an den Finanzmärkten.
Hinzu kommt der Ölpreisverfall, der offenbar einen Zwist zwischen
Saudi-Arabien und den neuen Ölförderern in den USA zur Grundlage, für
Russland jedoch gravierende Einnahmeausfälle zur Folge hat. Doch die
wirtschaftlichen Probleme Russland liegen tiefer und länger zurück:
die einseitige Abhängigkeit vom Rohstoffsektor, Rechtsunsicherheit
und damit fehlendes Investorenvertrauen, schließlich politische
Risiken.
An diesen Punkten muss Russland ansetzen, wenn es seine Krise in
den Griff bekommen will. Insofern könnten die jüngsten
Friedenssignale aus Moskau - Außenminister Sergej Lawrow sieht mit
der Feuerpause im Ukraine-Krieg die Chance auf Frieden - Hoffnung
machen.
Pressekontakt:
Börsen-Zeitung
Redaktion
Telefon: 069--2732-0
www.boersen-zeitung.de
Kontaktinformationen:
Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.
Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.
Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.
http://www.bankkaufmann.com/topics.html
Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.
@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf
E-Mail: media(at)at-symbol.de
557277
weitere Artikel:
- WAZ: Mut und Wagemut bei RWE. Kommentar von Ulf Meinke zur RWE-Strategie Essen (ots) - Unsichere Zeiten, unsichere Dividende: Das klingt
zunächst einmal logisch. Dennoch ist es ein mutiger, wenn nicht gar
wagemutiger Schritt, den RWE-Chef Peter Terium geht. In unruhigen
Zeiten sorgt er für eine zusätzliche Portion Unruhe. Waren die
Regeln, an denen sich die Ausschüttungen für die Aktionäre
orientierten, bislang vergleichsweise klar, will sich das
RWE-Management für die Zukunft mehr Spielraum verschaffen. Während
der Konkurrent Eon für die Übergangsjahre 2014 und 2015 seinen
Aktionäre eine Festdividende mehr...
- "Geiz ist geil" funktioniert im Gesundheitswesen nicht / Bilanz des 6. Beschaffungskongresses für Krankenhäuser: Mehr Mut zu Industriepartnerschaften gefragt (FOTO) Berlin (ots) -
Qualität und Patienten könnten profitieren
Auf dem 6. Beschaffungskongress für Krankenhäuser am 3. und 4.
Dezember in Berlin saßen sich Anbieter und Abnehmer sprichwörtlich
gegenüber. Auf der einen Seite die Dienstleister und
Produkthersteller, auf der anderen die Einkaufsabteilungen der
Krankenhäuser. Und mitten drin die Juristen, die offenbar dringender
denn je gebraucht werden. Vor allem die am zweiten Kongresstag zur
Diskussion gestellten Industriepartnerschaften scheinen viele
Krankenhäuser zu verunsichern. mehr...
- Mehr PS in der Medizinprodukte-Branche / Pioneer Medical Devices AG übernimmt strategische Partnerschaft mit Rudolf Medical / Neue Angebote versprechen Kliniken erhebliche Einsparpotenziale (FOTO) Berlin (ots) -
Die Mehrheitsbeteiligung am Medizinproduktehersteller Rudolf
Medical GmbH & Co. KG durch die Berliner Pioneer Medical Devices AG
ist unter Dach und Fach. Mit 51 Prozent ist die auf optimiertes
Ressourcenmanagement spezialisierte Pioneer Medical Devices nun am
süddeutschen Traditionsunternehmen, das seine Medizinprodukte in den
Fachbereichen Allgemeinchirurgie, Gynäkologie, Arthroskopie,
Laparoskopie, Urologie, ZSVA, HNO mit insgesamt 28.000 Artikel rund
um den Globus vertreibt, beteiligt. Gemeinsam wollen mehr...
- ZDK-Präsident Jürgen Karpinski ist "Mann der Tat und der klaren Worte" Bonn (ots) - "Ein Mann der Tat, der sich einmischt und einbringt,
und ein Mann der klaren Worte": So würdigte Bundesinnungsmeister und
ZDK-Vizepräsident Wilhelm Hülsdonk den ZDK-Präsidenten Jürgen
Karpinski. Anlässlich eines Empfangs zu dessen 65. Geburtstag in
Frankfurt am Main betonte Hülsdonk vor etwa 400 Gästen, dass es
Jürgen Karpinski daran gelegen sei, eingefahrene Gleise zu verlassen
und nicht nur auf das Bewährte zu setzen, sondern Neues wagen. "Dabei
die Menschen mitzunehmen, sie zu überzeugen und zu motivieren, diese
Veränderungen mehr...
- Konsequenzen aus ruhenden Arzneimittelzulassungen ziehen (FOTO) Berlin (ots) -
Angesichts des Ruhens zahlreicher Arzneimittelzulassungen, die das
Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM)
ausgesprochen hat, erklärt Friedemann Schmidt, Präsident der ABDA -
Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände:
"Der aktuelle Vorfall ist letztlich eine Konsequenz aus der
fortgeschrittenen Globalisierung im Bereich der Entwicklung und
Produktion von Arzneimitteln. Diese Globalisierung hat eine neue
Unübersichtlichkeit geschaffen. Die Folgen dieser Unübersichtlichkeit
bringen nicht mehr...
|
|
|
Mehr zu dem Thema Aktuelle Wirtschaftsnews
Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:
DBV löst Berechtigungsscheine von knapp 344 Mio. EUR ein
durchschnittliche Punktzahl: 0 Stimmen: 0
|