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Börsen-Zeitung: Vor dem Realitäts-Check, Marktkommentar von Christopher Kalbhenn

Geschrieben am 28-08-2015

Frankfurt (ots) - In mehrfacher Hinsicht haben die zurückliegenden
Handelstage deutlich gemacht, wie hoch die Risiken für die
Aktienmärkte sind. Im Zentrum steht China, das erneut deutlich
gemacht hat, dass ein neuer großer Spieler im weltweiten
Wirtschaftsgefüge mitspielt und ein neues Zeitalter eingeleitet hat.
Erstmals in der Geschichte war das Reich der Mitte Ausgangspunkt
eines globalen Börsen-Crashs und brachte sogar die Wall Street ins
Taumeln. In New York machte sich allerdings noch eine weitere neue
Macht bemerkbar. Der bislang einmalige Einsturz des Dow Jones
Industrial Average in den Eröffnungsminuten war nicht nur und
wahrscheinlich auch nicht in erster Linie darauf zurückzuführen, dass
den amerikanischen Marktteilnehmern angesichts der Vorgänge die Knie
geschlottert hätten.

Denn zu einem Großteil haben sie keine Knie. Computerprogramme
waren dafür verantwortlich, dass die Erstreaktion des Dow so heftig
ausfiel. Ein immer größerer Teil des Handels wird von superschnellen
Computern bestritten. Da sie mit Algorithmen gefüttert sind, die sich
vielfach einander ähneln, entstehen immer häufiger Situationen, in
denen in kürzester Zeit extrem hochvolumige gleichgerichtete
Transaktionen zu explosionsartigen Marktbewegungen führen, deren
Ausmaß in keiner Weise mit den die Bewegungen auslösenden Ursachen
erklärt werden kann. Besonders drastisch wurde dies im
zurückliegenden Jahr bereits vor Augen geführt, als die Rendite der
zehnjährigen US-Staatsanleihen innerhalb weniger Minuten um 34
Basispunkte fiel. Erhöht werden diese Risiken dadurch, dass die
Finanzbranche aufgrund regulatorischer Belastungen ihre Handelsbücher
zusammengestrichen hat und somit die von ihr bereits gestellte
Liquidität stark zurückgegangen ist.

Gewinnprognosen sinken

Am Schwarzen Montag des Jahres 2015 wurde Letzteres noch durch die
Urlaubssaison verstärkt, durch die viele Marktteilnehmer abwesend
sind. Jenseits eher technischer Faktoren spielten allerdings auch
fundamentale Faktoren eine Rolle. Die Wachstumsverlangsamung und der
Börsencrash in China sowie die Abwertung des Yuan, die Schwäche der
Emerging Markets insgesamt, die Baisse der Rohstoffpreise und die
Unsicherheit über die US-Leitzinswende verstärkten die latenten
Rezessionsängste. Nach den deutlichen Kurssteigerungen der
zurückliegenden Jahre wurde damit die Frage aufgeworfen, ob die
erreichten Bewertungsniveaus an den Aktienmärkten in einem solchen
Umfeld angemessen sein können, zumal die den Bewertungen zugrunde
liegenden Schätzungen für die Unternehmensgewinne gefährdet
erscheinen. In der Tat sind etwa die Gewinnprognosen für die
Dax-Firmen für das laufende Jahr, die Anfang des Jahres nach oben
gedreht hatten, in den zurückliegenden Wochen wieder ein wenig
abgebröckelt. Zudem sinken die Erwartungen für das Wachstum der
Weltwirtschaft. So hat am Freitag Moody's ihre Prognose für das
Wachstum der G20-Staaten im kommenden Jahr von 3,1% auf 2,8% gesenkt.

Mit einer globalen Rezession hat dies allerdings nichts zu tun.
Zwar schwächeln die Schwellenländer, in den nach wie vor
gewichtigeren Industrieländern wird die Wirtschaft nach derzeitigem
Stand jedoch auch im kommenden Jahr weiter wachsen. Trotz einer
rapiden Zunahme in den zurückliegenden Jahren hält sich der Handel
zwischen China und den USA sowie Europa immer noch insgesamt in
Grenzen, konstatierte Moody's, die für die führende Wirtschaftsmacht
USA im nächsten Jahr ein Wachstum von 2,6% (nach zuvor 2,8%)
prognostiziert.

Die Rezessionsängste vieler Marktteilnehmer halten der Realität
derzeit einfach nicht Stand, wie in der abgelaufenen Woche deutlich
wurde. Reihenweise haben die in den Industrieländern veröffentlichten
Daten nach oben überrascht, darunter die deutliche Aufwärtsrevision
des US-BIP vom zweiten Quartal und der überraschend gestiegene
Ifo-Index. Nachdem zwei US-Notenbanker erklärt hatten, dass aufgrund
der aktuellen Unsicherheiten eine Leitzinserhöhung im September keine
Priorität habe, erklärte der Präsident der St. Louis Fed, James
Bullard, am Freitag, dass die Aussichten der amerikanischen
Wirtschaft weiter gut aussähen und er eine Zinserhöhung in der
Sitzung des Offenmarktausschusses Mitte September bevorzuge.

Damit steht mit den wichtigen Daten in der neuen Woche, darunter
insbesondere mit dem US-Arbeitsmarktbericht, der große
Realitäts-Check an - sowohl für die derzeitigen Rezessionsängste der
Marktteilnehmer als auch für die Erwartungen für den Zeitpunkt des
"Liftoff" des amerikanischen Leitzinses.



Pressekontakt:
Börsen-Zeitung
Redaktion

Telefon: 069--2732-0
www.boersen-zeitung.de


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