Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zur Flüchtlingspolitik
Geschrieben am 09-09-2015 |
Bielefeld (ots) - Wer klare Worte in der Flüchtlingspolitik
spricht, tritt immer jemandem auf die Füße. Mit diesem Risiko müssen
die aktuellen Protagonisten leben. Bundeskanzlerin Angela Merkel
provoziert mit ihrem Optimismus in der Flüchtlingsfrage einen Teil
ihrer Kernwählerschaft und EU-Kommissionspräsident Jean-Claude
Juncker wird mit bösen Reaktionen aus Ungarn oder der Slowakei leben
müssen. Denn in diesen Länder geht die Aufnahmebereitschaft gegen
Null.
Die Welle der Hilfsbereitschaft steht auch Skepsis in der
Bevölkerung gegenüber. Nur wenn die Politik die Ängste der Bürger
ernst nimmt und konsequent erklärt, wird die Flüchtlingskrise
weitgehend konfliktfrei zu meistern sein. Merkel geht vor: Etwas
spät, aber um so eindeutiger nimmt sie eine Führungsrolle in der
EU-Flüchtlingsfrage ein. Deutlich wie nie betonte sie in der
Generaldebatte »Kraft« und »Stärke« Deutschlands. Die »Härte des
Rechtsstaates« hielt sie rechtsradikalen Kräften entgegen. Dass die
Flüchtlingskrise »mehr Chancen als Risiken« berge, werden einige
ihrer weitaus skeptischeren Wähler nicht gerne hören. Diese Gefahr
kennt sie, scheut sie aber nicht - im Sinne der Menschlichkeit. Denn
eines hat Deutschland bewiesen: Solidarität existiert. Die können
auch Kriminelle nicht zerstören, die Asylbewerberheime anzünden.
Auch die Entscheidung von Rot-Grün in NRW, Balkan-Flüchtlinge
zentral in bestehenden Einrichtungen unterzubringen, ist
grundsätzlich richtig. Da die meisten von ihnen ohnehin nicht in
Deutschland bleiben dürfen, ist es sinnvoll, sie nicht in
Nordrhein-Westfalen zu verteilen, sondern an bestimmten Orten
verweilen zu lassen, bis über ihren Antrag entschieden wird. Das
entlastet die Kommunen. Denn wenn Balkan-Flüchtlinge erst in Städte
und Gemeinden geschickt werden, sind diese für die Kosten zuständig.
Unterbleibt dies, ist es das Land.
Dennoch gibt es keinen Grund für Lobeshymnen in Richtung Rot-Grün.
Wehrte sich NRW-Innenminister Ralf Jäger nicht vor kurzem noch gegen
das bayerische Modell, Balkan-Flüchtlinge gesondert unterzubringen?
Plötzlich klingt sein Konzept der zentralen Unterbringung ähnlich.
Außerdem bleibt Ministerpräsidentin Hannelore Kraft bei ihrer
Haltung, eine Vergrößerung des Kreises sicherer Herkunftsstaaten
nicht zu unterstützen. Das ist inkonsequent: Einerseits schnelle
Asylverfahren fördern zu wollen mit Hilfe von Zentralisierung und
andererseits zu sagen, dass die sicheren Herkunftsstaaten nicht
ausgeweitet werden müssen. Gerade letzteres würde die Verfahrensdauer
verkürzen. Wer das eine tut, kann das andere nicht ablehnen.
In puncto Eindeutigkeit zeigt Juncker, wie es geht. Er ermahnte
die Europäer zu mehr Menschenwürde. Worte können aber angesichts
dieser Herkulesaufgabe nur der Anfang sein. Wenn sich Regierungschefs
wie Viktor Orbán nicht bewegen, müssen sie gezwungen werden -
notfalls mit Sanktionen.
Pressekontakt:
Westfalen-Blatt
Chef vom Dienst Nachrichten
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261
Kontaktinformationen:
Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.
Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.
Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.
http://www.bankkaufmann.com/topics.html
Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.
@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf
E-Mail: media(at)at-symbol.de
575152
weitere Artikel:
- Rheinische Post: Erdogans Kalkül
Kommentar Von Matthias Beermann Düsseldorf (ots) - Pogrom-Stimmung in der Türkei: Ein
nationalistischer Mob zündet kurdische Geschäfte und Parteibüros an,
macht Jagd auf Kurden. Gleichzeitig stürmen Randalierer die
Redaktionen regierungskritischer Medien. Die Polizei sieht tatenlos
zu. Auf der anderen Seite ermordet die kurdische Terrortruppe PKK
türkische Polizisten. Und der mächtigste Politiker des Landes,
Präsident Recep Tayyip Erdogan, bläst noch in die Flammen. Es war das
historische Verdienst von Erdogan, die Aussöhnung mit den Kurden als
Premierminister mehr...
- Rheinische Post: Kühler Verstand
in der Flüchtlingspolitik
Kommentar Von Martin Kessler Düsseldorf (ots) - Es ist für Deutschland ein neues Erlebnis. Noch
im Griechen-Drama als Zuchtmeister geschmäht, wird die Bundesrepublik
zum Vorbild einer humanitären Flüchtlingspolitik. Menschen begrüßen
euphorisch die Flüchtlinge, die unter Lebensgefahr ihre Heimat
verlassen haben. Sie unterstützen sie mit Spenden und persönlichem
Einsatz, so dass die Hilfsorganisatoren schon gar nicht mehr wissen,
wie sie die vielen Helfer einsetzen sollen. Das erwärmt das Herz, und
wir können mit Recht stolz auf so viel Hilfsbereitschaft sein. Doch mehr...
- Schwäbische Zeitung: "Signale gegen das Déjà-vu" - Leitartikel zur Flüchlingskrise Ravensburg (ots) - Baden-Württemberg kann nicht mehr. Bayern kann
schon länger nicht mehr - und Nordrhein-Westfalen stößt ebenfalls an
die Grenzen. Die Staatskanzleien wissen nicht mehr, wohin mit den
vielen Flüchtlingen, es sei denn, sie würden den Notstand erklären
und Vorschriften außer Kraft setzen. Doch genau diesen Eindruck will
die Bundesregierung, wollen auch die Ministerpräsidenten vermeiden.
Déjà-vu. So nennt man jene Momente, in denen einem etwas allzu
bekannt vorkommt. Ein solches Déjà-vu-Erlebnis haben gerade viele mehr...
- Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar: Europas Flüchtlingspolitik
Dublin ist tot
Knut Pries, Brüssel Bielefeld (ots) - Die irische Hauptstadt kann nichts dafür - aber
sie steht jetzt für das Versagen der europäischen Asylpolitik.
"Dublin" ist die Chiffre für den Jahrzehnte alten, nunmehr
gescheiterten Versuch, das Problem zu marginalisieren: Es wurde an
den Rand geschoben. Die Kernbestimmung des Dublin-Verfahrens besagt:
Ein Flüchtling hat seine Bewerbung um Anerkennung dort abzugeben, wo
er zuerst EU-Boden betritt. Es liegt auf der Hand, dass dies
vorrangig die Länder mit langer EU-Außengrenze betrifft, besonders
wenn auf der mehr...
- Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar: Papstwort zu Ehenichtigkeitsverfahren
Drei Wochen Kampf
Julius Müller-Meiningen, Rom Bielefeld (ots) - Das Thema klingt sperrig, ist für die
katholische Kirche aber hochexplosiv. Das zeigen die Reaktionen aus
der römischen Kurie auf die von Papst Franziskus verabschiedete
Reform zur Vereinfachung und Beschleunigung von
Ehenichtigkeitsverfahren. "Das ist die Scheidung auf Katholisch",
behauptet ein Prälat. "Franziskus hat seine Maske fallenlassen", sagt
ein Monsignore. Kern der von einer Sonderkommission vorbereiteten
Reform ist ein nicht länger als 30 Tage dauerndes Schnellverfahren
zur Feststellung der Nichtigkeit mehr...
|
|
|
Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten
Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:
LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre
durchschnittliche Punktzahl: 0 Stimmen: 0
|